Heimspiel für den IS
Philip Malzahn über das Ende des »Kalifats« und voreiligen Jubel
Der Islamische Staat sei zu »100 Prozent territorial besiegt«, das sagte ein Sprecher der Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF) am Wochenende. Mit dem Verlust des »Kalifats« ist er nun dorthin zurückgekehrt, wo er seinen Ursprung fand: in den Untergrund. Die Terrororganisation kämpfte schon seit dem Beginn des Irak-Krieges 2003 gegen die dortige Regierung und amerikanische Besatzung: Dezentral organisiert und in der weiten Wüste versteckt, verübten sie Angriffe aus dem Hinterhalt.
Damals wurde die schwache Infrastruktur der Region zu ihrem Vorteil. Dieses Heimspiel für den IS steht jetzt wieder an, die Ausgangslage ist sogar besser als früher. Nicht nur Irak ist ein kriegszerrissenes Land, sondern auch Syrien. Die übrigen Kriegsparteien werden damit beschäftigt sein, das befreite Gebiet untereinander aufzuteilen. Donald Trump hat längst angekündigt, das Truppenkontingent in der Region auf ein Minimum zu reduzieren - eine Sorge weniger für die Terroristen. Auch die Führung des IS war auf ein Ende des »Kalifats« eingestellt, und sie hat sich vorbereitet: Von Abu Bakr al-Baghdadi, seit 2010 Anführer der Gruppe, und den Millionen US-Dollar, die sie in den letzten Jahren einnehmen konnten, fehlt jede Spur. Man darf nicht vergessen, dass der IS sich im Untergrund heimisch fühlt. Besiegt ist er eben nur »territorial« - nicht mehr, und nicht weniger.
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