Die Mühsal als Warnung

Im Doppelduell gegen Werder legen die Bayern vor. Im Pokal müssen sie nun nach Bremen

  • Maik Rosner
  • Lesedauer: 4 Min.

Damit kein Missverständnis aufkommt, hat Niko Kovac seine vielen Warnungen zwischendurch relativiert. »Aber das heißt nicht, dass wir pessimistisch sind. Im Gegenteil«, sagte der Trainer des FC Bayern am Ostermontag, als es um das Pokalhalbfinale am Mittwoch in Bremen ging. Ansonsten klang aber vor allem Respekt vor Werder an. »Es wird sicherlich noch etwas schwieriger werden, wobei es am Samstag schon schwer war«, sagte Kovac im Rückblick auf den 1:0-Ligasieg gegen die Mannschaft von Trainer Florian Kohfeldt. Klar sei aber auch: »Wir haben die Möglichkeit, mit vier Siegen in der Liga und zwei Siegen im Pokal das Double zu holen.« Und um diese Ziele zu erreichen, appellierte er, »muss man das auch unbedingt wollen«.

Nach den Eindrücken aus dem ersten Vergleich erscheint es durchaus angemessen, die Dienstreise nach Bremen mit einigem Respekt anzutreten. Zwar wies die Statistik nach dem Ligaspiel 28:3-Torschüsse aus und damit klare Vorteile für die Bayern. Für den zweifelsfrei verdienten, wenn auch knappen Sieg hatte es aber schon des krummsten aller Torschüsse bedurft, weil alle anderen zu unpräzise gerieten, oder Bremens starker Torwart Jiri Pavlenka mit seinen Fuß- oder Fingerspitzen abwehrte.

Es passte zum Gesamteindruck der Münchner Mühsal, dass erst der Innenverteidiger Niklas Süle mit seinem wuchtigen Versuch nur erfolgreich war, weil Davy Klaassen diesen entscheidend abfälschte und Pavlenka der Abwehrchance beraubte (75.). »Manchmal muss so ein dreckiges Tor helfen«, sagte Süle und witzelte selbstironisch über seinen »satten Schuss« sowie über seine beiden vorherigen Torschüsse vor zwei Wochen gegen Dortmund, die »aber footballmäßig in den Fangzaun« gegangen seien. Seinen bisher drei Eigentoren stehen nun immerhin vier Ligatreffer in gegnerische Tore gegenüber.

Am Mittwoch werden sich die Münchner allerdings ohne Süle behaupten müssen, da der Nationalspieler wegen seiner Rotsperre aus dem 5:4 im Viertelfinale gegen den Zweitligisten Heidenheim zu Hause bleiben muss. In der Hoffnung, dass die Kollegen in der Innenverteidigung, Jérôme Boateng und der nach einer Zerrung wieder genesene Mats Hummels, zum angestrebten Finaleinzug beitragen. »Wir haben die Chance aus diesem Jahr noch mit zwei Titeln zu gehen. Die versuchen wir auf jeden Fall zu gewinnen und dann kann es eine sehr, sehr gute Saison sein«, sagte der 23 Jahre alte Süle. Den DFB-Pokal hat er als einzigen nationalen Titel bislang noch nie gewonnen.

Nicht nur für ihn dürfte die Saisonbewertung also maßgeblich vom Ausgang der Partie an diesem Mittwoch abhängen. In einer kleinen Reminiszenz an den früheren Münchner Trainer Louis van Gaal sprach Klubpräsident Uli Hoeneß im Bayerischen Rundfunk von einem »Tod-oder-Gladiolen-Spiel« und stufte die Bremer als »richtig stark« ein. »Wir dürfen uns nicht einbilden, dass das ein leichtes Spiel wird«, warnte Hoeneß. Vielmehr wollte er aber nicht zum Halbfinale sagen. »Ich will da nicht noch zusätzlich Druck ausüben. Wir haben schon genug Druck«, befand er. Auch die Spieler ahnen, dass das Pokalhalbfinale vor Werders Publikum »noch einen Tick schwieriger wird«, wie der ehemalige Bremer Serge Gnabry prophezeite.

Bei einem Pokalaus stünden die Münchner, wie in der Vorsaison, ohne diese Trophäe da. Und nach dem 4:0-Sieg der Dortmunder in Freiburg und weiterhin nur einem Punkt Vorsprung auf den Tabellenzweiten könnte ihnen diesmal sogar auch noch die Meisterschale abhanden kommen - erstmals seit 2013. Das das Titelrennen nach sechs Jahren endlich mal wieder spannend ist, trägt wohl ebenso wie die zuweilen fehlende Leichtigkeit dazu bei, dass die erstaunlich gute Münchner Zwischenbilanz kaum wahrgenommen wird. Mit elf Siegen, einem Remis und einer Niederlage spielen sie unter Kovac bis jetzt ihre zweibeste Rückrunde der Bundesligageschichte, jedenfalls gemessen am Ertrag. Nur in der Triple-Saison 2013 unter Jupp Heynckes waren sie noch erfolgreicher, mit am Ende 16 Siegen und einem Unentschieden.

Dennoch blicken die Bremer mit einiger Zuversicht auf das zweite Treffen. Auch, weil sie die Bayern bis zur gelb-roten Karten für Milos Veljkovic (58.) mit ihrer guten Defensivorganisation in ein sehr zähes Ringen gezwungen hatten. Nun hoffen sie darauf, dass Kapitän Max Kruse seine Oberschenkelprellung rechtzeitig kuriert, und dass sie am Mittwoch durchgehend zu elft spielen dürfen. Mit dem eigenen Publikum im Rücken werden sie offensiv sicher gefährlicher auftreten als am Osterwochenende. »Mittwoch ist eine andere Geschichte«, sagte der frühere Münchner Claudio Pizarro nach Bremens erster Niederlage des Jahres.

Sein Kollege Nuri Sahin befand gar: »Wenn wir mutiger sind und mehr nach vorne spielen, sehe ich eine Großchance für uns.« Also nicht nur im Spiel, sondern auf den Einzug ins Finale in Berlin. Bremens letzte Heimniederlage im Pokal datiert übrigens vom 13. April 1988. Auch deshalb ahnt Bayern-Trainer Kovac: »Das wird eine enge Geschichte. Und Abendspiele haben eine ganz andere Wirkung auf Fans und Spieler.« Für ihn sei das aber ein Grund zur Zuversicht.

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