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Es geht um Champagner und Gänseleberpastete!

Auf den sogenannten Kampftag der Arbeiterbewegung kann vollständig verzichtet werden, findet Thomas Blum

  • Thomas Blum
  • Lesedauer: 2 Min.

Noch nie ist die Welt durch das beharrliche Umhertragen ungelenk bemalter alter Bettlaken verändert worden. Das zeigt die Geschichte. Der 1. Mai, so heißt es, sei der traditionelle »Kampftag der Arbeiterklasse«, doch von »Arbeitern« sieht man auf den längst vollständig von jeder Spur Originalität, Humor und Eleganz befreiten Protestmärschen in der Regel ebenso wenig wie vom »Kampf«, abgesehen vom Kampf mit dem Regenwetter und dem Kampf vieler linker Demonstranten mit der deutschen Sprache, der auf den vor Selbstüberschätzung und Pathos nur so strotzenden und stets mit zu viel Ausrufezeichen versehenen peinlichen Flugblättern zur Genüge dokumentiert ist.

Die Protestform der Demonstration, verstanden als dröger Massenspaziergang, bei dem zuverlässig immer dieselben triefäugigen Dogmaklopper, Politlangweiler und Graubrotgesichter die immergleichen leeren Rituale (kollektives sinnfreies Stapfen durch die Innenstadt, rituelles Schütteln geballter Fäuste, Hervorbrüllen altbackener Slogans, aus denen der Kalk von Jahrhunderten rieselt) praktizieren, ist heute ungefähr so zeitgemäß wie eine VHS-Videokassette.

Pro: 1.Mai

Es geht um mehr als Bratwurst und Bier! Der 1. Mai muss wieder als Kampftag der Arbeiter*innenbewegung politisiert werden, findet Marie Frank.

Zu den wenigen erfreulichen Begleiterscheinungen der »Revolutionären 1.Mai-Demo« kam es in der Vergangenheit dagegen eher zufällig und nebenbei, sozusagen beinahe unbeabsichtigt: Wenn mal eine unansehnliche Polstergarnitur auf der Straße brannte (»Barrikade«) oder eine der als Architekturverbrechen zu wertenden Berliner Bushaltestellen erfolgreich pulverisiert wurde. Ausgerechnet dann allerdings eilen wie bestellt die protestantischen und genussfeindlichen Pietkong-Linken herbei und reden von »Gewalt als Selbstzweck«, anstatt sich an den fröhlichen bunten Flammen zu erfreuen, die die Berliner Nacht erhellen und eine Hand voll scheußliche Artefakte verzehren. Und tatsächlich sollte man Bier und Bratwurst möglichst bald durch Champagner und Gänseleberpastete ersetzen.

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