Kleins Kippa-Kapitulation

Der Antisemitismusbeauftragte liegt richtig und falsch, findet Lotte Laloire

  • Lotte Laloire
  • Lesedauer: 1 Min.

Juden sollten nicht überall Kippa tragen. Vor allem nicht in Teilen deutscher Großstädte. Das empfahl am Wochenende ausgerechnet der Antisemitismusbeauftrage der Bundesregierung, Felix Klein. Die Kippa, die kleine runde Mütze, tragen jüdische Männer als Zeichen ihres Glaubens traditionell den ganzen Tag. Menschen, die in der Öffentlichkeit als jüdisch erkennbar sind, sind gefährdet. Die Beobachtung, die Kleins Warnung zugrunde liegt, ist absolut richtig. Antisemitische Straftaten stiegen 2018 um fast 20 Prozent.

Nicht richtig ist Kleins Handlungsempfehlung. Sie ist »ein Armutszeugnis für das moderne Deutschland«, wie Konstantin Kuhle von der FDP zu Recht sagte. Auch Israels Präsident Reuven Rivlin reagierte entsetzt. Er warnt umgekehrt davor, vor Antisemiten zu »kapitulieren« - und somit auch vor Kleins unfreiwilliger Botschaft. Sie suggeriert, Kippas oder gar Juden seien das Problem, dabei heißt es Antisemitismus. Juden zu raten, die Kippa wegzulassen, um nicht verprügelt zu werden, erinnert an die ebenso falsche Aufforderung, Frauen sollten keinen Minirock tragen, um nicht vergewaltigt zu werden. Hier ist nicht die Kleidung die Ursache, sondern Sexismus. Statt Betroffenen Ratschläge zu geben, sollten wir lieber alle Kippa (und Minirock) anziehen, die Strukturen bekämpfen, die diese Gewalt hervorbringen, und bis dahin vielleicht sensiblere Antisemitismusbeauftrage ernennen.

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