Scheuer legt Mautverträge offen

Oppositionspolitiker fürchten hohe Strafen / Abgeordnete forderten Einsicht

  • Lesedauer: 2 Min.

Berlin. Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) legt die Verträge zur gescheiterten Pkw-Maut offen - zumindest gegenüber dem Bundestag. Nach »intensiver Prüfung« habe er sich dazu entschlossen, ab Dienstag in der Geheimschutzstelle des Parlaments zwei Verträge auszulegen, erklärte Scheuer auf Twitter. »Vollständig und ohne Schwärzung«, versprach er dazu. Somit könnten die Abgeordneten noch vor der Sitzung des Verkehrsausschusses am Mittwoch Einsicht nehmen, in der sich Scheuer den Fragen der Abgeordneten stellen muss.

Die Oppositionsparteien hatten Scheuer am Wochenende aufgefordert, die Verträge bis Dienstag offenzulegen. Andernfalls drohten sie mit einem Untersuchungsausschuss.

Scheuer hatte im Oktober und Dezember 2018 mit dem österreichischen Mautbetreiber Kapsch TrafficCom und dem Ticketspezialisten CTS Eventim Verträge geschlossen. Die Pkw-Maut sollte ab Oktober 2020 erhoben werden. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) kippte die Maut-Pläne nach einer Klage Österreichs aber vor wenigen Tagen mit der Begründung, die Abgabe verstoße gegen EU-Recht, weil ausländische Autofahrer diskriminiert würden.

Daraufhin kündigte Scheuer die Verträge, weshalb dem Bund nun laut »Handelsblatt« Schadenersatzzahlungen von mehr als einer halben Milliarde Euro drohen. Der Zeitung liegt laut eigenen Angaben der finale Entwurf der Verträge vor.

Um den Zahlungen zu entgehen, habe das Verkehrsministerium auch mit Verweis auf Schlechtleistung der Unternehmen gekündigt. Eine namentlich nicht genannte Branchenquelle der Zeitung zieht diese Begründung aber in Zweifel: »Das System ist fertig programmiert und kann morgen starten.«

Lesen sie auch zum Thema: EuGH watscht CSU ab. Richter halten Pkw-Maut für unvereinbar mit EU-Recht. Von Simon Poelchau

Auch der Druck aus der Opposition nimmt nicht ab. Der Grünen-Verkehrsexperte Stephan Kühn glaubt beispielsweise nicht, dass der CSU-Politiker noch der Richtige sei, um das Maut-Fiasko aufzuräumen: »Es war grob fahrlässig von Minister Scheuer, Maut-Verträge abzuschließen, obwohl der EuGH in der Klage gegen Deutschland noch nicht entschieden hatte«, sagte er der »Augsburger Allgemeinen«. »Er trägt hierfür die alleinige politische Verantwortung«. AFP/nd

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Das beste Mittel gegen Fake-News und rechte Propaganda: Journalismus von links!

In einer Zeit, in der soziale Medien und Konzernmedien die Informationslandschaft dominieren, rechte Hassprediger und Fake-News versuchen Parallelrealitäten zu etablieren, wird unabhängiger und kritischer Journalismus immer wichtiger.

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

Vielen Dank!

Unterstützen über:
  • PayPal