- Politik
- Sea-Watch 3
La Capitana
Carola Rackete trotzt Matteo Salvini
»Wenn uns nicht die Gerichte freisprechen, dann die Geschichtsbücher«, sagt Kapitänin Carola Rackete. Tagelang kreuzte sie mit der »Sea-Watch 3« vor der europäischen Küste. An Bord: 53 Flüchtlinge, die vor Libyen ein Schiffsunglück überlebt hatten, darunter traumatisierte Menschen, die Spuren der Folter am Körper tragen. Die »Sea-Watch 3« bat die Behörden darum, an Land kommen zu dürfen. Es geschah nicht. Schließlich verkündet Rackete: »Ich habe beschlossen, in den Hafen von Lampedusa einzufahren. Ich weiß, was ich riskiere, aber die Geretteten sind erschöpft. Ich bringe sie jetzt in Sicherheit.« Damit stellt sie sich gegen ein Kernstück der italienischen Migrationspolitik unter Innenminister Matteo Salvini: Das Verbot, Rettungsschiffe in italienische Häfen einlaufen zu lassen. Wer ist diese Frau? »Carola ist nicht nur eine Freundin, sondern auch jemand, den ich für ihre Intelligenz, ihr beherztes Engagement und ihre Besonnenheit sehr hoch schätze«, sagt Pia Klemp über Rackete. Klemp war ebenfalls Kapitänin auf der Sea-Watch, gegen sie wird bereits in Italien ermittelt, weil sie Flüchtlinge dorthin brachte. Überrascht sei sie nicht von dem mutigen Vorgehen ihrer Kollegin, »dafür kenne ich sie zu gut«. Aber stolz sei sie auf Rackete und die Crew, die sich nicht einschüchtern lassen und für das einständen, was richtig und wichtig sei: »ein sicherer Hafen für Menschen auf der Flucht!«
Racketes Schiff befindet sich nun im Hafen von Lampedusa. Die Flüchtlinge durften noch nicht von Bord, das Kräftemessen ist in vollem Gange. Die Kapitänin hat aber bereits erreicht, das über etwas gesprochen wird, was Salvini möglichst weit von der europäischen Öffentlichkeit wegdrängen will: das Sterben auf dem Mittelmeer. Rackete hat Nautik studiert und sich danach zur Schiffsführerin ausbilden lassen. Bevor sie im Jahr 2016 zur Rettungsorganisation »Sea Watch« stieß, nahm sie auf Eisbrechern an Polarexpeditionen teil. In Italien wird Salvini »Il Capitano« genannt (warum nicht gleich Il Duce?). Er hat es nun mit einer echten Kapitänin zu tun bekommen.
Wir stehen zum Verkauf. Aber nur an unsere Leser*innen.
Die »nd.Genossenschaft« gehört denen, die sie lesen und schreiben. Sie sichern mit ihrem Beitrag, dass unser Journalismus für alle zugänglich bleibt – ganz ohne Medienkonzern, Milliardär oder Paywall.
Dank Ihrer Unterstützung können wir:
→ unabhängig und kritisch berichten
→ übersehene Themen in den Fokus rücken
→ marginalisierten Stimmen eine Plattform geben
→ Falschinformationen etwas entgegensetzen
→ linke Debatten anstoßen und weiterentwickeln
Mit »Freiwillig zahlen« oder einem Genossenschaftsanteil machen Sie den Unterschied. Sie helfen, diese Zeitung am Leben zu halten. Damit nd.bleibt.