Neonazis erobern Adlershof

Bezirksbürgermeister warnt angesichts rechter Anschlagsserie vor »gefährlicher Eskalation«

  • Marina Mai
  • Lesedauer: 2 Min.

Entwickelt sich der Ortsteil Adlershof zu einem Schwerpunkt rechtsextremer Gewalt? Bezirksbürgermeister Oliver Igel (SPD) spricht von einer erschreckenden »Eskalation«, die den »grundlegenden Werten unserer Demokratie und unseres Zusammenlebens widerspricht«. »Alle Demokratinnen und Demokraten müssen sich daher aufgerufen fühlen, diesen verfassungsfeindlichen Entwicklungen entschieden etwas entgegenzusetzen,« so der Bürgermeister.

Gianna Faust vom Zentrum für Demokratie im Bezirk Treptow-Köpenick sagt: »Dass sich die Entwicklung in Adlershof derart zuspitzt, macht uns Sorgen.« Philipp Wohlfeil von der Linksfraktion war von der jüngsten Anschlagserie überrascht. »Ich habe Adlershof bisher immer als einen natürlich gewachsenen, solidarischen Ortsteil wahrgenommen. Die Schwerpunkte rechter Gewalt lagen in der Nachbarschaft in Schöneweide.«

Höhepunkt einer seit Mai anhaltenden Welle rechter Gewalt in Adlershof waren Ende Juni Schüsse auf die Wohnungstür einer geflüchteten Familie. Es wurde wie durch ein Wunder niemand verletzt. Nach Angaben des Zentrums für Demokratie wurde die Familie auch früher schon attackiert. Ihr Briefkasten sei zerstört, der Gartenzaun beschädigt und der Eingang mit Hundekot beschmiert worden. Dem Zentrum für Demokratie zufolge sei es nicht die einzige geflüchtete Familie in Adlershof, die attackiert wurde.

Am Pfingstsonntag wurde der arabische Imbiss »Habiba« in der Dörpfeldstraße mit Buttersäure angegriffen und mit Nazi-Schmierereien verunstaltet. Die Buttersäure hatte den Betreibern zufolge die Feuerwehr entfernen müssen. Die Nazischmierereien, darunter ein Hakenkreuz und Sprüche wie »Ab in die Gaskammer«, »Scheiß Moslems« und »Raus hier« stehen noch an der Hintertür. Der Staatsschutz ermittelt.

Der arabische Imbiss hat nach Angaben der Betreiber aber auch viel Solidarität aus der Nachbarschaft erfahren. »Wir selbst sind seit drei Jahren hier und eine Bereicherung für Adlershof. Wir jungen Männer tragen auch mal alten Leuten die Einkaufstüten nach oben und helfen bei Stadtteilfesten«, sagt der Betreiber, der sich als »Deutscher mit palästinensischen Wurzeln« bezeichnet. »Wir sind alle hier zur Schule gegangen.« Das Nachbarschaftszentrum »Aktives Zentrum Dörpfeldstraße« bestätigt die Verankerung des Imbisses im Kiez.

Nach Polizeiangaben ermittelt der Polizeiliche Staatsschutz in acht Fällen rechtsextremistisch motivierter Straftaten im Ortsteil Adlershof in diesem Jahr. Keiner der Fälle sei bisher aufgeklärt. Von einer rechtsextremistischen Hochburg will Polizeisprecher Thilo Cablitz jedoch nicht sprechen. Die Zahlen seien mit denen der Vorjahre vergleichbar. »Inwiefern es sich bei den aktuellen Taten um eine Serie beziehungsweise einzelne Serien handelt, ist Bestandteil noch laufender Ermittlungen.«

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