Umstritten
Personalie
Er ist Ursula von der Leyens erste Personalie in ihrer Funktion als EU-Kommissionschefin: Josep Borrell. Mit ihrer Zustimmung wird der geschäftsführende spanische Außenminister in der neuen Kommission als künftiger EU-Außenbeauftragter an die Stelle von Federica Mogherini treten. Die 46-jährige Italienerin wies immer wieder auf die Strapazen dieses Jobs hin, den künftig mit dem sozialdemokratischen Katalanen ein 72-Jähriger ausüben wird, wenn nicht unerwartet das EU-Parlament dazwischengrätscht.
Borrell war eigentlich schon von der politischen Bühne verschwunden, als ihn der sozialdemokratische spanische Premier Pedro Sánchez 2018 aus der Versenkung in seine Minderheitsregierung holte. Das war durchaus überraschend. Borrell hatte 2017 seinen Rückzug aus der aktiven Politik angekündigt, als er angefragt wurde, sich in seiner Heimatregion Katalonien einzubringen.
Erfahrung auf europäischer Bühne hat er. Von 2004 bis 2007 war er Präsident des EU-Parlaments. Besondere Vorkommnisse blieben nicht in Erinnerung, obwohl der Katalane durchaus zu Temperamentsausbrüchen neigt. Das musste ein Interviewer der Deutschen Welle im März feststellen, als Borrell ihm vor laufender Kamera vorwarf, parteiische Fragen zu stellen und sich wie ein Untersuchungsrichter aufzuführen. Die Szene, wie Borrell das Interview mit einem lauten »stop it« abbricht und sich das Mikro vom Revers reißt, ging in Spanien im Internet viral.
Nach seiner Zeit als Europapolitiker verdingte sich Borrell als Präsident des Europäischen Hochschulinstituts in Florenz. Der Job nahm 2012 ein verfrühtes Ende, nachdem spanische Medien berichtet hatten, Borrell habe parallel 300 000 Euro im Jahr als Aufsichtsratsmitglied eines Energieversorgers kassiert. Diese Aufwandsentschädigung war ihm entfallen.
Zu diplomatischem Auftreten neigt Borrell eher nicht: So gilt ihm Russland als »alter Feind« und die USA hätten zu ihrer Größe gefunden, obwohl sie historisch nicht viel mehr getan hätten, »als ein paar Indios zu ermorden«.
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