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Das übliche Prinzip
Simon Poelchau über Forderungen der Wirtschaftslobby im Krisenfall
Bei der Einführung der Schuldenbremse munkelte manch ein Ökonom, dass sie eh nur bis zur nächsten Krise halten würde. Jetzt, da eine Rezession immer wahrscheinlicher wird, mehren sich auch im wirtschaftsliberalen Lager die Stimmen, die eine Abkehr vom Prinzip des ausgeglichenen Haushaltes fordern.
Das ist immerhin besser, als würden sie Einschnitte bei den Arbeitnehmerrechten und im Sozialsystem fordern, wie sie im Zuge der Eurokrise den Krisenländern abverlangt wurden. Doch was die Wirtschaftslobby sonst so als Konjunkturmaßnahmen will, folgt dem üblichen Prinzip: Mehr Kurzarbeitergeld soll nicht dafür verwendet werden, Angestellte fit zu machen für Digitalisierung und Energiewende, sondern nur, um sie bis zum nächsten Aufschwung im Betrieb zu halten. Schließlich könnten sie sonst als Fachkräfte fehlen. Gleichzeitig werden Forderungen nach Steuergeschenken für Bessererdiener und Unternehmen, wie die komplette Abschaffung des Solis, als Konjunkturmaßnahmen verkauft. Die Unternehmen sollen also auf Kosten der Allgemeinheit möglichst unbeschadet durch die nächste Krise gebracht werden, damit sie danach wieder ordentlich Profite für die Eigentümer abwerfen können.
Eine linke Krisenpolitik sollte stattdessen endlich die Superreichen zur Kasse bitten, um die breite Bevölkerung zu entlasten. Dies wäre nicht nur ökonomisch sinnvoll, weil damit die Nachfrage gestützt würde, sondern auch angesichts der Kluft zwischen Arm und Reich geboten.
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