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Polizei erklärt Schutz jüdischen Lebens zur Kernaufgabe

Leiter des Präventionsbereichs im Landeskriminalamt, Wolfram Pemp, übernimmt neu geschaffenes Amt des Antisemitismusbeauftragten

  • Tomas Morgenstern
  • Lesedauer: 2 Min.

Mit der Ernennung eines Antidiskriminierungsbeauftragten zieht Berlins Polizei die Konsequenzen aus einer Zunahme von Übergriffen auf jüdische Menschen, Gedenkstätten, Einrichtungen und Organisationen in der Hauptstadt. Am Dienstag wurde der bisherige Leiter des Bereichs Prävention im Landeskriminalamt (LKA) Berlin, Kriminaldirektor Wolfram Pemp (49), mit diesem neu geschaffenen Amt betraut. Welch hoher Stellenwert dem Beauftragen beigemessen wird, zeigt die Ernennung von Kriminaldirektor Dietmar Ring (51), Vize-Chef des polizeilichen Staatsschutzes als Pemps Stellvertreter.

Als am 31. Juli Yehuda Teichtal, Rabbiner der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, von zwei Männern beschimpft und bespuckt wird, ist die öffentliche Empörung groß. Auch Bundespräsident Frank Walter Steinmeier schaltet sich ein. Ein Einzelfall? Keinesfalls - zwei Wochen darauf stoßen Unbekannte in Charlottenburg einen 55-jährigen Rabbiner brutal zu Boden. Nach Einschätzung von Polizeipräsidentin Barbara Slowik ist die Einsetzung eines Antisemitismusbeauftragten von zentraler Bedeutung für die Stadt und ihre Polizei. »Er ist zwingend notwendig angesichts wieder steigender Zahlen von Angriffen, Bedrohungen und Beleidigungen mit antisemitischem Hintergrund«, so Slo᠆wik. 2018 seien in Berlin 324 antisemitische Straftaten erfasst worden. »Ich vermute, dass das Dunkelfeld sehr groß ist«, fügte sie hinzu.

Diese Befürchtung teilt auch die Generalstaatsanwaltschaft Berlin. 80 Prozent schwerwiegender antisemitischer Vorfälle würden gar nicht erst angezeigt, hatte deren Antisemitismusbeauftragte, Claudia Vanoni, jüngst im Rechtsausschuss des Abgeordnetenhauses berichtet.

In Berlin mit seinen fast 3,7 Millionen Einwohnern, wo Menschen aus rund 180 Nationen zusammenleben, werde man Angriffe auf jüdisches Leben nicht hinnehmen, versicherte Innensenator Andreas Geisel (SPD). Antisemitismus sei Ausdruck von Menschen- und Demokratiefeindlichkeit. Aktuell sei eine Entgrenzung des Rechtsextremismus festzustellen, und man habe es auch mit »importiertem Antisemitismus« zu tun. Aber es zeige sich, dass es »auch in Deutschland einen Antisemitismus im Verborgenen« gebe. Dagegen müsse sich die Demokratie wehren, und sie dürfe Menschen, die Opfer antisemitischer Übergriffe nicht allein lassen werden. »Das Böse hat nur dann Erfolg, wenn die Guten nichts tun.« Geisel kündigte für den Herbst die Einrichtung eine Runden Tisches zu dieser Problematik an. Zudem werde der Verfassungsschutz des Landes eine Informationsbroschüre zu Ursachen und Motiven des Antisemitismus vorstellen.

Wolfram Pemp versteht das Amt des Antisemitismusbeauftragten als zentralen Ansprechpartner der Polizei nach innen und außen. »Minderheiten zu schützen ist eine Kernaufgabe für die Polizei Berlin«, sagte er. »Wir zeigen, fordern und fördern eine politische Haltung für Demokratie und Toleranz in der Polizei Berlin.«

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