Sachsen: Der rechte Block

Wolfgang Hübner über langfristige Verschiebungen im rechten und linken Lager

Die gutwillige Auslegung des sächsischen Wahlergebnisses hieße: Keine Aufregung - der konservativ-rechte Block im Freistaat ist seit 1990 ziemlich stabil. Damals erreichte die Biedenkopf-CDU 54 Prozent, daneben erhielt die stramm rechte DSU vier Prozent. Seitdem kamen in Sachsen Konservativ und Rechtsaußen (später die NPD, dann die AfD) in der Summe fast immer über 50 Prozent, auch wenn das zum Glück keine Koalitionen ergab.

Die ernüchternde Interpretation: Innerhalb dieses rechten Blocks haben sich die Gewichte drastisch verschoben. Fast die Hälfte der konservativen Mehrheit im Lande wählt inzwischen stramm rechts. Das dürfte auch damit zu tun haben, dass sich die immer schon sehr konservative Sachsen-CDU nie konsequent gegen rechte Entwicklungen wandte. Die wurden in den 90ern verharmlost und ignoriert; inzwischen kokettiert ein Teil der Partei mit dem Rechtsaußen-Verein AfD.

Was man als Mitte-links-Lager bezeichnen könnte, kam in Sachsen nie aus der klaren Minderheit heraus. LINKE (vormals PDS), SPD und Grüne blieben immer deutlich unter 40 Prozent, nun sogar unter 30. Und der linke Flügel in diesem Lager wird schwächer, hat dem rechten Block nichts Wirksames entgegenzusetzen. Die Linkspartei ist mit der Wahl 2019 zum dritten Mal in Folge abgerutscht, diesmal drastisch. So weit unten wie jetzt war sie nur 1990, als die PDS noch unmittelbar an der Last des DDR-Zusammenbruchs zu tragen hatte. Seither waren die sächsischen Sozialisten stets in der Opposition und konnten sich zwischenzeitlich gut profilieren; aber seit 2004, dem Höhepunkt der Proteste gegen Hartz IV, geht es stetig bergab.

Das ist auch deshalb von Interesse, weil es dem Mantra widerspricht, nur als Opposition könne eine linke Partei gesellschaftskritisch punkten, während sie in einer Regierung wegen der vielen Kompromisse fast zwangsläufig verliere. Die Thüringer LINKE beweist in der Regierung gerade so ziemlich das Gegenteil, Sachsens LINKE tut es in der Opposition. So schematisch läuft Politik eben doch nicht - Regieren und Opponieren sind nicht per se schlecht oder gut, sondern immer genau das, was die Protagonisten daraus machen.

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