- Politik
- Nichtwähler
Studie: Nichtbeachtung macht Langzeitarbeitslose zu Nichtwählern
Langzeitarbeitslose sehen Stimmenthaltung auch als Protest gegen soziale Ungleichheit und Politiker-Ignoranz
Nürnberg. Langzeitarbeitslose sind einer Studie zufolge häufig Nichtwähler, weil sie keine Hoffnung haben, dass sich an ihrer Lebenssituation etwas ändert. Sie hätten das Gefühl, dass Politiker sich nicht um sie kümmern und sie »zum Sterben zu viel und zum Leben zu wenig zu haben«, sagte Marc Hentschke, Vorstandsvorsitzender des Evangelischen Fachverbands für Arbeit und soziale Integration (EFAS), am Mittwoch bei der Präsentation der Studie in Nürnberg. In der Untersuchung mit dem Titel »Unerhört! Langzeitarbeitslose Nichtwähler melden sich zu Wort« werden Interviews analysiert, die Langzeitarbeitlose über ihr Schicksal mit anderen Langzeitarbeitlosen geführt haben. Statistiken legt die Studie nicht vor.
Kafkaeske Erlebnisse mit Behörden, Berichte über Krankheiten und andere Probleme führten »eine brennende soziale Frage vor Augen«, sagte Hentschke. Die Betroffenen seien der Meinung, dass sie von den Politikern nicht gehört und nicht gesehen werden. »Die kümmern sich keinen Dreck um uns« oder »Man nimmt uns nicht wahr« seien Motive für das Nichtwählen gewesen, sagte der Soziologe Franz Schultheis (Friedrichshafen), der die Arbeit wissenschaftlich begleitet hat. Die Betroffenen wollten außerdem mit der Ablehnung der Stimmabgabe zeigen, dass sie sich dem politischen System verweigern.
Der Präsident der Diakonie Bayern, Michael Bammessel, nannte die Studie ein Alarmsignal, weil eine große Gruppe im Urnengang keinen Sinn mehr sehe. Er fürchtet, dass Unfrieden, Risse und Spalte in der Gesellschaft größer würden. Die Folgen träfen wiederum die Schwächeren in der Gesellschaft. epd/nd
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.