Mehr neugierig als gescheit

Christof Meueler sprach mit Wissenschaftsredakteur Steffen Schmidt über eine Leserfrage zur Menschwerdung des Affen

Eine Leserin unserer Zeitung fragt: War die Menschwerdung des Affen schon der Endpunkt der Evolution oder passiert da noch was? Werden die Menschen noch klüger?

Dazu müsste man erst mal klären, ob sie klug sind. Die Selbstbezeichnung Homo sapiens als der wissende, verständige Mensch hat der Schriftsteller Terry Pratchett als stark übertrieben abgelehnt. Er war dafür, den Menschen als Pan narrans, als Geschichten erzählenden Affen zu bezeichnen. Denn was unsere Gesellschaft zusammenhält, sind fast immer Geschichten und sei es die von der Evolution.

Du bist also skeptisch?

Na ja, wenn man Evolution begreift als ständige Veränderung von genetischem Material, bei der gewinnt, was am besten in die Welt passt, dann findet das weiterhin statt. Aber ob das immer zu neuen Tierarten führt oder zu klügeren Menschen oder vielleicht auch irgendwann mal zu raffinierten, machtgierigen Schimpansen, wie im »Planet der Affen«, ist eher ungewiss.

Eher versucht der Mensch heute seine Evolution selbst in die Hand zu nehmen, indem er sich technisch »verbessert«. Sei es durch genetische Forschung oder mit der Prothesentechnik.

Das ist ja auch das Argument der Leute, die diese Forschungen betreiben: Wenn die Evolution blind und ungelenkt über uns herfallen durfte, wieso sollen wir das nicht mit Sinn und Verstand machen? Aber worauf zielt die ganze Selbstoptimierung? Auf kapitalistische Verwertungszusammenhänge. Und ob das der Weisheit letzter Schluss ist, darf bezweifelt werden.

Aber können uns die Tiere durch Evolution nicht still und heimlich überholen?

Etliche Tierarten, die wir schon sehr lange kennen sollten, überraschen schon jetzt durch beachtliche Fähigkeiten. Rabenvögel zum Beispiel. Die sind unglaublich intelligent. Einige geben gewonnene Erkenntnisse an ihren Nachwuchs weiter und der hält sich sogar dran.

Aber die werden jetzt nicht unsere Sprache lernen und uns damit überraschen.

Das ist der Punkt. Ohne eine komplexe Sprache geht es nicht voran. Und dazu sind möglicherweise die Hände ganz wichtig. Wir haben ja im Deutschen ein schönes Wort für verstehen: begreifen. Die Welt mit unseren Händen zu verändern ist grundlegend für unsere Form der Intelligenz. Ob das die beschnabelte Intelligenz auch schafft? Im Moment ist einfach jede evolutionäre Nische, die man mit Intelligenz besetzen kann, schon durch uns besetzt.

Von den Vögeln aus Entenhausen droht also keine Gefahr, dass sie die Weltherrschaft an sich reißen.

Nein, der einzige mir im Trickfilm bekannte Rabenvogel ist Frau Elster im »Abendgruß« des DDR-Fernsehens. Und die war mehr neugierig als gescheit.

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