Billiger Ersatz

Uwe Kalbe zur Entschädigung für Ghettoarbeiter

  • Uwe Kalbe
  • Lesedauer: 2 Min.

Die Entschädigung der Opfer des Faschismus in der Bundesrepublik ist eine endlose, blamable Geschichte der Verweigerung. Dazu zählt auch die Entschädigung jener Menschen, die in den Ghettos der Nazis arbeiteten. Millionen Juden, Sinti und Roma fristeten dort ihr Dasein, Hunderttausende schufteten als billigste Arbeitskräfte. Die bürokratische Unterscheidung, wo der Zwang zur Arbeit begann, ist gegenüber diesen Menschen zynisch. Jahrzehnte dauerte es jedoch, bis die Bundesrepublik wenigstens Rentenansprüche akzeptierte. Mit Einschränkung: Nur »freiwillige« und »entlohnte« Arbeit berechtigt zur Rente. Erst 1997 wurde gerichtlich festgestellt, dass auch im Ghetto freiwillige Arbeit denkbar ist.

90 000 Menschen waren es noch, die danach eine Rente beantragten. 90 Prozent wurden abgelehnt. Denn weitere Bedingungen blieben. Das Mindestalter etwa. Kinder hätten keine Ansprüche; ihnen sei kein Verdienst entgangen, wenn sie doch in ihrem Alter eigentlich hätten zur Schule gehen sollen. Eine Sonderregelung sorgte schließlich 2017 dafür, dass von Rentenzahlungen Ausgeschlossene eine einmalige Zahlung von 1500 Euro erhalten können. Nicht einmal 1500 Menschen haben noch diese Entschädigung beantragt - allesamt Menschen, die damals Kinder waren. 859 Bewilligungen, 347 Ablehnungen sind bisher erteilt. 805 der Entschädigten sind Juden, nur 54 Sinti und Roma - wohl deshalb, weil Arbeit in den einstigen »Zigeunerlagern« nicht anerkannt wird. Der Staat praktiziert hier eine erinnerungspolitische Schwarze Null. Sie zeigt sich im Gebot der Verweigerung, der Verzögerung. Und des Verschweigens: Wer weiß, wie viele Berechtigte nichts wissen vom »Rentenersatzzuschlag«.

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