Wer zu spät kommt, zahlt drauf

Einkommensteuererklärung: Was bedeutet der Verspätungszuschlag?

  • Dr. Rolf Sukowski
  • Lesedauer: 5 Min.

Wer aber glaubt, die Lage für Zuspätkommer sei jetzt übersichtlicher, der irrt. Deshalb sollte man bei den im Herbst eintreffenden »Mahnungen« des Finanzamtes genau hinschauen. Das gilt auch für die Aufforderungen, die Rentner vom Finanzamt bekommen.

Zwei Monate mehr, aber getrödelt wird dennoch

Steuerzahler genießen seit dem Steuerjahr 2018 zwei Monate mehr Zeit zur Abgabe ihrer Einkommensteuerklärung. Nunmehr musste die Steuererklärung erst bis zum 31. Juli 2019 abgeben werden. Doch die zweimonatige Fristverlängerung führt ganz offensichtlich nicht dazu, dass die Zahl der Zuspätkommer zurückgeht. Das hat sicher eine ganze Reihe von Gründen. Der wichtigste dürfte die Komplexität des Steuerrechts sein, vor der viele Menschen in die Tatenlosigkeit flüchten.

Aber: Wer jetzt zu spät kommt, der muss mit Zuschlägen rechnen. Mit dem Jahr 2019 verliert das Finanzamt einen Teil seines Ermessensspielraums. Der Verspätungszuschlag wird zwar jetzt nicht immer fällig, aber immer öfter.

Geregelt wird der Verspätungszuschlag in der Abgabenordnung (AO). In § 152 Absatz 2 Ziffer 1 (AO) heißt es: »Abweichend von Absatz 1 ist ein Verspätungszuschlag festzusetzen, wenn eine Steuererklärung (…) nicht binnen 14 Monaten nach Ablauf des Kalenderjahrs (…) abgegeben wurde.«

Wer seine Steuererklärung 2018 beispielsweise erst Mitte März 2020 abgibt, dem wird automatisch ein Verspätungszuschlag berechnet. Dabei stellt die Finanzbehörde jeden angefangenen Verspätungsmonat in Rechnung. Im vorgenannten Beispiel wäre diese Gebühr also für 15 Monate zu zahlen.

Mindestens 25 Euro für jeden Verspätungsmonat

Auch die Höhe des Zuschlags ist geregelt: 0,25 Prozent der festgesetzten Steuer, mindestens jedoch 25 Euro pro angefangenen Verspätungsmonat. Im vorstehenden Beispiel müsste der Steuertrödler mindestens 375 Euro zusätzlich zahlen.

Wird der Zuschlag in jedem Fall fällig? Im Prinzip ja. Aber in einer Reihe von Fällen eher nicht. Die Abgabenordnung schreibt den Verspätungszuschlag zwingend nur dann vor, wenn auch Steuern nachgezahlt werden müssen.

Ist der Steuerbetrag gleich null oder die Steuererstattung ein Minusbetrag, gewinnt das Finanzamt seinen Ermessensspielraum zurück. Das bedeutet: Wer sonst immer pünktlich mit der Steuererklärung kam, der braucht nun auch nicht unbedingt einen Verspätungszuschlag befürchten.

Wer dagegen wiederholt die Steuererklärung zu spät abgibt, der muss mit einem Verspätungszuschlag in Höhe des Mindestbetrags (25 Euro pro Monat) rechnen, welcher bisher (im Rahmen der Ermessensausübung) niedriger ausfallen konnte. Bisher gab es nur eine Grenze, nach der 10 Prozent der festgesetzten Steuer nicht überschritten werden durfte. Der Betrag darf jedoch eine Höchstgrenze von 25 000 Euro nicht übersteigen.

Aufgepasst bei den Mahnungen des Finanzamts

Zum Herbst bekommen viele Steuerzahler, die ihre Einkommensteuererklärung noch nicht abgegeben haben, Post vom Finanzamt. Die im Volksmund sogenannte »Mahnung« kann unter bestimmten Voraussetzungen die neue 14-Monate-Frist verkürzen. Das heißt, der vorgeschriebene Verspätungszuschlag kann schon früher eingefordert werden. Voraussetzung dafür ist, dass die Mahnung formale Kriterien erfüllt, zum Beispiel: Die Aufforderung zur Abgabe einer Steuererklärung muss begründet sein.

Ist das nicht der Fall, kann man gegen den Verspätungszuschlag Einspruch einlegen. Ob das sinnvoll ist, sollte in jedem einzelnen Fall geprüft werden. Denn im Zweifel hat das Finanzamt hier seinen Ermessensspielraum wieder und kann einen Zuschlag festsetzen, etwa bei wiederholt verspäteter Abgabe.

Verspätungszuschlag auch für Rentner?

Muss ich als Rentner wieder Steuern zahlen oder eine Steuererklärung machen? Eine Frage, die viele Rentner bewegt. Vor allem die Rentenerhöhungen sorgen für Unsicherheit. Denn diese gehen zu hundert Prozent in den zu versteuernden Rentenanteil ein. Die Beträge addieren sich über mehrere Jahre, und dann entsteht entweder die Veranlagung oder es müssen sogar Steuern gezahlt werden. Allein 2019 wurden auf dem Wege rund 48 000 Rentner wieder steuerpflichtig.

Wird für die Betroffenen ein Verspätungszuschlag fällig? Was ist mit denjenigen, die für mehrere Jahre Steuern nachzahlen müssen? Die Abgabenordnung bietet hier eine sogenannte »Rentner-Regelung« (§ 152 Absatz 5 Satz 3 AO). Konnte der Rentner bis zum Zugang dieser Aufforderung davon ausgehen, keine Steuererklärung abgeben zu müssen, dann wird zunächst kein Verspätungszuschlag fällig. Dieser wird er erst berechnet, wenn ein Rentner die in der Aufforderung angesetzte Frist nicht einhält.

Die Finanzämter handhaben dies in aller Regel auch so. Wenn man die Passage in der Abgabenordnung allerdings noch einmal ganz genau liest, dann ist dort kein Rechtsanspruch für Rentner festgeschrieben.

Ab 15. Verspätungsmonat werden Zinsen fällig

Unabhängig von den Verspätungszuschlägen bei verspäteter Abgabe der Steuererklärung ist das Thema Zinsen. Bei Steuernachzahlungen werden ab dem 15. Verspätungsmonat Zinsen fällig. Die Höhe liegt bei 0,5 Prozent für jeden folgenden vollen Verspätungsmonat. Die Zinsen berechnet das Finanzamt bei Steuernachzahlungen. Im Falle einer Steuererstattung bekommt der Steuerzahler dann zusätzlich Geld vom Amt.

Frist gilt ausnahmsweise bis zum 2. März 2020

Wichtig ist bei alledem: Wer bei einem Lohnsteuerhilfeverein oder einem Steuerberater seine Einkommensteuerklärung anfertigen lässt, der kommt in jedem Fall in den Genuss einer Fristverlängerung. Das heißt: Mitglieder bzw. Mandanten müssen ihre Steuererklärung nicht schon am 31. Juli 2019 abgeben, sondern erst im neuen Jahr, und zwar wegen Schaltjahres und Wochenendes nicht am letzten Februartag, sondern erst am 2. März 2020.

Der Autor ist Leiter der Beratungsstelle Berlin der Lohnsteuerhilfe für Arbeitnehmer e.V., Lohnsteuerhilfeverein.

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