Schawarma für die Reisegruppe

  • Philip Malzahn, Qamischli
  • Lesedauer: 2 Min.

Nach einem langen Arbeitstag kehren wir nach Hause zurück. Das ist gerade Qamischli, eine Stadt im allernördlichsten Syrien. Von hier kann man in die Türkei quasi rüber spucken, und die meisten Menschen in Qamischli würden das wohl auch gerne tun. Nachdem infolge der türkischen Invasion verkündet wurde, Assads Truppen werden nun in Rojava einrücken, ist Panik ausgebrochen: NGOs, Journalisten und Binnenflüchtlinge sind aus Angst vor dem Regime geflohen. Das ZDF hat vor kurzem in einer Reportage darüber berichtet, man müsse aus Sicherheitsgründen einen riesigen Bogen um die Stadt machen.

Die Einzigen, die davon nichts wissen wollen, sind die Menschen, die hier leben. Das heißt nicht, dass man sich in Qamischli wohl fühlen sollte. Als ich am Abend das Hotelzimmer aufschließe, fällt mir sofort die Plastiktüte auf dem Esstisch ins Auge: Drinnen liegen vier Schawarmas (arabischer Fleischwickel). Komisch. Ich durchsuche das Zimmer. Die Unordnung ist dieselbe, die ich heute morgen hinterlassen habe. Auch das versteckte Geld ist noch da.

Regen über Rojava
Es regnet. Dunkle Gewitterwolken hängen über Nordsyrien. Die Türkei wirft mit Bomben. Der IS träumt von seiner Widerauferstehung. Nur noch wenige Medien sind im Land. Die nd-Redakteure Philip Malzahn und Sebastian Bähr werden die kommenden Tage über das Leben der Menschen vor Ort berichten. 

Also ab zur Rezeption. Der Mann dort weiß von nichts. Wer ist in meinem Zimmer gewesen, frage ich. Er weiß es nicht. Warum sind es ausgerechnet vier Schawarmas? Er weiß es nicht. Ich weihe ihn ein: Zu unserem Rechercheteam gehören wirklich vier Leute, aber der Vierte im Bunde ist noch auf dem Weg und soll erst heute Abend ankommen. Es ist so, als würde uns jemand mit dem Essen willkommen heißen, aber nicht auf die gute Art, erkläre ich. Kritisch beäugt er mich und dann die Tüte, auf dem die Telefonnummer und der Name des Restaurants stehen. Schließlich erbarmt er sich meiner, ruft an und fragt, wer heute Mittag vier Fleischwickel in das Hotel liefern ließ. Die Antwort: Wir machen keine Schawarma ...

Die nd-Redakteure Philip Malzahn und Sebastian Bähr berichten aktuell aus Rojava. Lesen Sie ihr Tagebuch online unter: www.dasND.de/rojava

App »nd.Digital«

In der neuen App »nd.Digital« lesen Sie alle Ausgaben des »nd« ganz bequem online und offline. Die App ist frei von Werbung und ohne Tracking. Sie ist verfügbar für iOS (zum Download im Apple-Store), Android (zum Download im Google Play Store) und als Web-Version im Browser (zur Web-Version). Weitere Hinweise und FAQs auf dasnd.de/digital.

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal