Frausein fetzt

Früher sollten Frauen sich nur hübsch machen, heute sollen sie auch alles andere.

  • Paula Irmschler
  • Lesedauer: 3 Min.

Es ist einiges los mit den Frauen, dem Feminismus und so. Feminität wird langsam cool, Frauen vernetzen und mögen sich, Popstars tragen Feminismus-Shirts, Misogynie wird mehr geächtet (hier und da, in gewissen Bubbles, manchmal) und über alles wird Glitzer gestreut, und so kann es doch allmählich nur besser werden. Die »Einhorn«-Leute, meine derzeitigen Lieblingsleute - es sind Philip und Waldemar von dieser Firma, die da eben »Einhorn« heißt und die das alles mit Olympiastadion und Charlotte Roche und Instagram macht -, na, also, jedenfalls: Die haben auch vegane Kondome und so was im Sortiment und waren auch ganz vorn mit dabei, als es um die krassgeile Kampagne zur Unterstützung der Petition für die Senkung der Mehrwertsteuer für Tampons und so ging. Und der Waldemar hat sogar so einen lustigen Film gedreht, der »Periodenneid« heißt. Und was da zu sehen ist, das wollen Sie nicht lesen. Und Sie wollen ihn auch nicht sehen, den Film, denn der Titel reicht schon, um zu verstehen, was da los ist.

Produkte für Frauen sind der Renner, und Feminismus (die niedliche Sorte aber nur) kann man gut kapitalistisch verwerten, und da wollen momentan viele dabei sein. Früher sollten Frauen sich nur hübsch machen, heute sollen sie auch alles andere. Sie dürfen jetzt auch viel mehr, also müssen sie auch ran. Zum Beispiel sind sie ihres und der Gesellschaft Glückes Schmied. Der Mann darf dahinsiechen, bleibt unbeobachtet, ab und an bekommt er mal ein paar Häppchen (dieses »Seinz«-Regal im Drogeriemarkt), er ist ja die Konstante, und man kann nüscht gegen seine Abgründe machen.

Schufa der Liebe

Auf den Glückseinkommensnachweis zu lange gewartet, die Kaution des Lebens nicht zurückbekommen: Paula Irmschler sammelt in ihrer Schlager-Kolumne Haben und Soll und findet Gold in jeder Scheiße.

Bleiben wir doch direkt im Drogeriemarkt. Und machen wir uns das Körbchen voll. Denn wir Frauen können was machen, müssen was machen, müssen was latzen, sonst brauchen wir uns nicht beschweren. Es ist jetzt möglich: Wir können uns ein Armband kaufen, das K.-o.-Tropfen erkennt. Herz-Emoticon, ja, endlich! Also, wenn wir Geld haben halt. »Die Lösung« sei das, steht im Werbetext dazu.

Und ich sag mir noch so: Hey, wieso kann man das nicht irgendwie kostenlos anbieten, über Vereine organisieren oder was; vielleicht könnte die Drogeriekette sich da zum Beispiel mal engagieren, wenn die schon die Produktionsmittel haben, ist ja ein großer Konzern hier mit Geld. Es ist ja irgendwie unmoralisch, ein Produkt, das allein wegen Angst vor Vergewaltigung ... Na ja, und dann tippte ich mir natürlich alsbald an den Kopf, denn: Ist ja klar, Kapitalismus und Befreiung der Frau immer nur Gimmick und Luxus und Nichtganzsowichtig!

Und dann dachte ich, dass man eigentlich was machen müsste, damit Männer weniger vergewaltigen und Gewalt ausüben, und warum niemand darauf kommt, aus diesem Engagement Drogerieprodukte zu machen. Und wo sind die »Einhorn«-Heinis dieser Welt eigentlich, wenn es um die Aspekte von Weiblichkeit und um Schäden durch Männlichkeit geht, die man nicht so einfach wegschmunzeln kann? Na ja, und zum Schluss dachte ich noch, dass man eigentlich alles anzünden müsste.

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