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  • Münchener Sicherheitskonferenz

Kein ängstliches Herz

Teilnehmer der sogenannten Münchner Sicherheitskonferenz diskutieren über die militärische Kooperation in der EU.

  • Aert van Riel
  • Lesedauer: 3 Min.

In seiner Eröffnungsrede der sogenannten Münchner Sicherheitskonferenz hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier am Freitag zu einer Stärkung der EU aufgerufen. »Wenn es uns ernst ist mit Europa, dann darf in der Mitte Europas kein ängstliches Herz schlagen«, sagte Steinmeier mit Blick auf die Bundesrepublik. Diese müsse das Ziel verfolgen, das geeinte Europa zusammenzuhalten. Steinmeier nannte dabei aber auch einige Probleme. »Europa ist nicht enger zusammengerückt, es gibt ideologische Gräben innerhalb der EU«, erklärte er.

Innerhalb des Staatenverbunds gibt es einige Konflikte. Die Frage, wie man mit Russland umgehen soll, ist nur einer davon. »Wir brauchen ein anderes und besseres Verhältnis der EU zu Russland, aber nicht auf Kosten der Staaten Ost- und Mitteleuropas«, sagte Steinmeier. Deutschland hat sich zum Ärger der baltischen Staaten und Polen für den Bau der Pipeline Nord Stream 2 in der Ostsee eingesetzt, durch die Gas von Russland nach Deutschland transportiert wird. Andererseits beteiligt sich die Bundeswehr an Militäraktionen, die sich gegen Russland richten.

Neuestes Beispiel hierfür ist das Großmanöver »Defender 2020« von Februar bis Mai. Daran beteiligen sich insgesamt 37 000 Soldaten aus 18 Nationen. Wichtigster Zweck der Militärübung ist die Verlegung von US-Streitkräften und Material an die Ostgrenze der NATO - nach Polen oder ins Baltikum. Deutschland ist dabei die logistische Drehscheibe. Trotz aller Kritik an der US-Administration unter Donald Trump gibt es für Steinmeier keine Alternative zur transatlantischen Zusammenarbeit. »Die Sicherheit Europas gründet auf einem starken Bündnis mit den USA.« Der Bundespräsident sah Fortschritte, aber die EU könne nicht allein die Sicherheit aller seiner Mitglieder garantieren.

Steinmeier monierte in seiner Rede, dass Russland im Jahr 2014 ohne Rücksicht auf das Völkerrecht die Krim annektiert habe. Moskau habe »militärische Gewalt und die gewaltsame Verschiebung von Grenzen auf dem europäischen Kontinent wieder zum Mittel der Politik gemacht«. Konfrontation und Verlust von Vertrauen seien die Folgen, bemängelte der Bundespräsident.

Ähnliche Kritik übte Steinmeier an der chinesischen Regierung. »China akzeptiert das Völkerrecht nur selektiv«, sagte er mit Blick auf das Vorgehen Pekings im Südchinesischen Meer. Dort belauern sich die Anrainer schon seit Jahrzehnten. Bei den Streitigkeiten geht es um die Hoheitsrechte über verschiedene Inseln, Felsen und Sandbänke sowie um maritime Rechte. Kein Wort verlor Steinmeier hingegen darüber, dass westliche Staaten völkerrechtswidrig Krieg geführt hatten wie 1999 im Kosovo und 2003 im Irak.

In den vergangenen Jahren wurde auf der »Sicherheitskonferenz« oft darüber diskutiert, ob Deutschland »mehr Verantwortung« in der Welt übernehmen sollte. In diesem Jahr wurden die Teilnehmer konkret. Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) sprach sich wegen des Rückzugs der USA aus internationalen Konflikten für einen »Aufbau einer Europäischen Sicherheits- und Verteidigungsunion als starken, europäischen Pfeiler der Nato« aus.

Wolfgang Ischinger, Diplomat und Leiter der Münchner Konferenz, sagte dem »Spiegel«: »Wenn es in Libyen zu einem UN-mandatierten Friedenstruppeneinsatz kommen sollte, um den Waffenstillstand zu überwachen und eine Friedenslösung herbeizuführen, dann darf das Land natürlich nicht fehlen, das in Berlin den Prozess angestoßen hat.« Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) hatte sich bereits grundsätzlich positiv zu einem möglichen Einsatz geäußert. Offensichtlich rüstet die Bundesrepublik aus Sicht von Ischinger nicht schnell genug auf. Die militärische Kraft Deutschlands sei im Vergleich zum politischen Gewicht in Europa zu schwach, kritisierte er.

Die Konferenz endet am Sonntag. Dort werden auch Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und Facebook-Gründer Mark Zuckerberg erwartet.

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