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Freispruch mit Rattenschwanz
Philip Malzahn über die Volte des türkischen Rechtssystems
Auf den ersten Blick ist die Freilassung von acht Angeklagten im Gezi-Prozess eine riesige Überraschung. Mehrere Angeklagte hatten die sehr berechtigte Befürchtung, bereits am Abend des 18. Februars ihre von der Staatsanwaltschaft geforderte lebenslange Haftstrafe unter erschwerten Bedingungen antreten zu müssen.
Zwar erfüllten nach dem Freispruch verständlicherweise Jubelrufe den Gerichtsaal, doch das Urteil ist keinesfalls eine Entwarnung für Aktivisten, Kritiker und Dissidenten in Erdogans Türkei. Die Volte der Justiz folgt einem Kalkül. Gerade liegt dem Präsidenten viel daran, die Türkei als Verfechter der Menschenrechte im Nahen Osten zu inszenieren. Die türkische Lesart: In Syrien schützt man eine Zivilbevölkerung, die im Winter von der eigenen Regierung aus ihren Häusern gebombt wird. In Libyen rettet man die international anerkannte Regierung vor einem wild gewordenen General. Doch in der Türkei wie international wächst die Kritik an Erdogans Kriegstreiberei, für die er gern mit islamistischen Kampfverbände Allianzen schmiedet. Was gibt es da Besseres für den Präsidenten, als das Narrativ vom Verteidiger der Menschenrechte mit der Freilassung von ein paar Aktivisten zu unterstreichen, denen man schon durch einen jahrelangen Prozess gezeigt hat, dass man am längeren Hebel sitzt?
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