Der Biden-Zug rollt weiter

Früherer US-Vizepräsident gewinnt weitere Vorwahlen / Sanders will noch nicht aufgeben

  • Moritz Wichmann
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Gerontokratie hat gesiegt - und die Vorsicht. Joe Biden hat nach seinem guten Abschneiden bei den Super-Tuesday-Vorwahlen Anfang März vier weitere Vorwahlen der US-Demokraten gewonnen. Im eher konservativen Südstaat Mississippi und in den eher ländlichen Staaten Missouri und Idaho setzte sich der Ex-Vizepräsident wie erwartet deutlich durch. Letzteren Staat hatte Sanders 2016 noch gewonnen.

Das galt auch für den Staat mit den meisten Delegiertenstimmen für den Nominierungsparteitag im Juli: Michigan. Hier hatte Sanders vor vier Jahren noch einen Überraschungssieg hingelegt und einen 21-Prozent-Rückstand in den Umfragen in einen knappen Sieg »gedreht«. Dieses Mal lag Biden dank »Joementum« ähnlich weit vorne. Sanders versuchte in den letzten Tagen mit schärferer Kritik an Biden und Veranstaltungen zur Coronavirus-Epidemie und dem Argument, dass diese die Notwendigkeit der Einführung eines staatlichen allgemeinen Gesundheitssystems zeige, neues Momentum zu gewinnen.

Biden erhielt 52,9 Prozent der Stimmen. Sanders kam in dem für die Präsidentschaftswahl wichtigen »Swing State« nur auf 36,5 Prozent. Weil Sanders immerhin in Missouri ein ähnliches Ergebnis erreichte, North Dakota gewann und nach aktuellem Auszählungsstand mit 0,3 Prozentpunkten Vorsprung knapp das eher liberale Washington für sich entschied, verdoppelte sich der Delegiertenvorsprung von Joe Biden gegenüber letzter Woche von 80 auf über 160 Delegierte.

Biden hat insgesamt bislang 15 Staaten gewonnen, Sanders 9. Nach derzeitigem Auszählungsstand - im Großstaat Kalifornien werden immer noch Briefwahlstimmen ausgezählt - hat Biden derzeit 846 Delegierte. Damit hat er einen für Sanders fast uneinholbaren Vorsprung aufgebaut. Sanders müsste in den kommenden Vorwahlstaaten mit mindestens 10 Prozent Vorsprung gewinnen. Doch demnächst wird nächsten Dienstag im delegiertenstimmenreichen und wenig Sanders-freundlichen Florida gewählt. Ein Kandidat braucht 1991 Delegierte, um im ersten Wahlgang auf dem Parteitag gewählt zu werden.

Nachwahlbefragungen zeigen: Sanders gewann im delegiertenstimmenreichsten Staat Michigan Geringverdiener unter 50.000 Dollar Jahresgehalt und damit die Unterstützung vieler Arbeiter. Er gewann in den vier Altersgruppen unter 49 Jahren eine Mehrheit der Stimmen - bei den unter 30-Jährigen gar über 80 Prozent. Doch die beiden Altersgruppen über 50 Jahren gingen in größerer Anzahl wählen.

Eine Mehrheit der Wähler unterstützte die Programmpunkte von Sanders, doch gleichzeitig war für viele wahlentscheidend, wer die (scheinbar) besseren Chancen hat, Amtsinhaber Donald Trump zu besiegen: Biden. Der hatte Großspendern versprochen, mit ihm werde sich »nichts grundlegend ändern«. Das wünschen offenbar auch ältere Demokratenwähler beziehungsweise sie denken, mit der »scheinbar sicheren« Wahl Biden und seiner vorsichtigen Politik eher Trump besiegen zu können.

In Reaktion auf die Ergebnisse forderten Establishement-Demokraten Sanders zum Aufgeben auf. Doch der will offenbar auf jeden Fall noch die nächste Fernsehdebatte am Sonntag absolvieren. Die wird wegen des Coronavirus vor leeren Zuschauerrängen stattfinden.

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