Widerstand gegen Abiturprüfungen wächst

Berliner Schüler- und Direktorenvertreter laufen Sturm gegen Scheeres’ Festhalten am Kultusministerkonsens

  • Rainer Rutz
  • Lesedauer: 2 Min.

Berlins Landesschülersprecher Miguel Góngora hat am Montagabend schweres Geschütz aufgefahren: »Die Verantwortung, die Schülerinnen und Schüler und ihre Familien zu schützen, liegt bei Senatorin Scheeres, und wir appellieren an sie, alles zu tun, um potenzielle Krankheits- und Todesfälle zu vermeiden.«

Der Grund für die deutlichen Worte im Namen der Berliner Schülerschaft: Ende letzter Woche hatte Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) bekräftigt, an den Abiturprüfungen auch im aktuellen Corona-Schuljahr festhalten zu wollen. Allerdings müssen die Prüfungen mit »hohen Sicherheits- und Hygienemaßnahmen« abgesichert werden, wie es in einem Rundschreiben an alle Schulleiter heißt. Das habe die Kultusministerkonferenz (KMK) bundeseinheitlich entschieden - und dabei bleibe es. Der dazu herausgegebene Maßnahmenkatalog der Bildungsverwaltung ist zugleich durchaus umfänglich. Er reicht von der zeitversetzten Ankunft der Prüflinge über die Handdesinfektion im Eingangsbereich der Schule, der Maximalzahl von acht Abiturienten pro Raum und den üblichen zwei Metern Sicherheitsabstand bis zur Raumdesinfektion nach den Prüfungen.

Góngora und dem Landesschülerausschuss genügt das nicht. Sie fordern mittlerweile, ausnahmslos alle Prüfungen in diesem Schuljahr abzublasen - und schickten zuletzt die Drohung hinterher, »keine enttäuschten, wütenden oder frustrierten Schüler« zurückzuhalten, »die gegen die Senatorin protestieren«.

So weit geht die Berliner Vereinigung der Oberstudiendirektoren (VOB) nicht. Seitens des VOB wird allerdings auch klargestellt, dass im Falle einer schrittweisen Wiederaufnahme des Lehrbetriebs »grundsätzlich die Aufnahme von Unterricht gegenüber der Absolvierung von Prüfungen zu priorisieren« ist. Die von Senatorin Scheeres getragene Auffassung der KMK, dass am Ende »alle Abiturientinnen und Abiturienten in allen Bundesländern alle Prüfungen absolviert haben werden«, basiere auf dem Prinzip Hoffnung: »Politik sollte man aber nicht auf der Grundlage von Hoffnungen machen.«

Berlins Bildungsverwaltung drückt sich in der Frage nach einer bundeseinheitlichen Lösung derweil bereits zurückhaltender aus als zuvor. So teilt ihr Sprecher Martin Klesmann auf eine entsprechende nd-Anfrage mit: »Eine bundeseinheitliche Regelung wäre mit Blick auf die allgemein gültige Anerkennung der Abschlüsse sehr wünschenswert.«

»Was die Prüfungen angeht, da ist das letzte Wort noch nicht gesprochen«, ist sich die bildungspolitische Sprecherin der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus, Regina Kittler, denn auch sicher. Da »Gesundheitsschutz stets vorgehen muss«, gelte es, die Infektionskurve der nächsten Tage abzuwarten und die Lage gegebenenfalls neu zu bewerten. »Die Leute sind ja unglaublich diszipliniert«, so Kittler zu »nd«. »Aber wir müssen auch über Exit-Strategien reden.«

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