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Drohnen im Anflug
Ulrike Henning über amtliche Technikverharmlosung
Wie gewonnen, so zerronnen: Kaum ist der Flugverkehr auf ein ökologisch fast schon vertretbares Mindestmaß geschrumpft, gibt es neue Anwärter zur Verlärmung des Luftraums - die Drohnen. Während diese Flugmobile in der harmlosen Variante einfach am Weihnachtsbaum abstürzen, lassen echte Luft-Motor-Sportler ihre Geräte jetzt richtig los. Wenn das nicht ein »triftiger Grund« für das Verlassen der Wohnung ist! Man könnte dann mit den Bordkameras sogar in Wohnungen hineinschauen, über Hecken und Mauern sowieso. Langeweile im Stay-Home-Modus wird sicher zu neuen, teils ärgerlichen Anwendungen führen. Wahrscheinlich sind die Sportsfreunde, die mit der Flugtechnik Nachbarn und Ruhebedürftige nerven, aber noch harmlos. Häufige Suchanfragen bei Google lauten übrigens: Drohne verloren, geklaut, weggeflogen.
Menschenansammlungen entdecken und per Bordlautsprecher zur Auflösung des Treffens motivieren, das ist jedoch der neue Vorwand, die Bevölkerung an vermehrten Einsatz der Minihubschrauber zu gewöhnen. In Nordrhein-Westfalen gibt es, was für ein Zufall, gerade ein polizeiliches Pilotprojekt für diese variabel einsetzbare Technik: Flüchtende Drogenhändler auf Hausdächern orten, herumirrende demente Menschen wiederfinden - das kann doch sehr nützlich sein, oder?
Auch wenn noch abgewiegelt wird, dass es bei der Versammlungsortung nicht um Identifizierung einzelner ginge - genau das lässt sich technisch ganz schnell ändern. Den jetzt vorpreschenden Behörden und Bundesländern sollte genau auf die Finger gesehen werden. Sonst wird eine wachsende staatliche Drohnenpräsenz zu den bleibenden Errungenschaften der Coronakrise gehören, auf die eine freie Gesellschaft gut verzichten kann.
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