Angst im Sattel

Rainer Rutz über die zu hohe Zahl getöteter Radfahrer.

  • Rainer Rutz
  • Lesedauer: 2 Min.

Der Berliner Sparwahn der vergangenen Jahrzehnte kostet Menschenleben. Zum Beispiel am Mittwoch, als eine Fahrradfahrerin von einem abbiegenden Zementlaster zerquetscht wurde. Das liegt nicht nur am möglicherweise unachtsamen Fahrer, sondern auch an der Infrastruktur, die aus Fehlern Todesfallen machen.

Schon vor gut drei Wochen hatte die Zahl der in diesem Jahr ums Leben gekommenen Radfahrenden den Wert des Vorjahres übertroffen. Zugleich steigen immer mehr Berlinerinnen und Berliner vom Auto aufs Rad um - ein positiver Trend, der sich im Zuge der Coronakrise noch einmal verstärkt hat.

Schon deshalb spricht nichts, aber auch rein gar nichts gegen die aktuell im größeren Stil vorangetriebene Umwidmung von Autospuren in Radwege. Wer selbst als Radfahrerin oder Radfahrer in der Stadt unterwegs ist, der oder die weiß, dass diese Wege eine Fahrt weitaus angenehmer machen können. Sicherer machen sie die Fahrt allerdings nicht.

Das Problem sind - neben vielem anderen, wozu Testosteronmonster hinter dem Lenkrad, ebenso gehören wie aggressive Kampfradlerinnen und -radler - vor allem die Kreuzungsbereiche. Das weiß auch die Senatsverkehrsverwaltung von Regine Günther (Grüne). Die Personallage ist weiter dünn, es gibt einen Riesenberg an in den letzten Jahrzehnten Unterlassenem abzuarbeiten.

Die Senatorin muss laut werden, wenn sie im Senat nicht genug Unterstützung bekommt. Sie muss offensiv die Rekommunalisierung des privatisierten Ampelbetriebs anschieben, um endlich schnell Ampelschaltungen anpassen zu können. Denn wenn sie es nicht hinbekommt, die vielen Neu-Radlerinnen und Neu-Radler, die gerade erst vom Auto aufs Rad umgestiegen sind, bei der Stange zu halten, weil sie aus Angst vor Unfällen wieder ihren alten Luftverpester nutzen - dann wird das alles nichts mit der Mobilitätswende.

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