»Das Problem sitzt am Tisch«

Rechtsradikale Chatgruppe mit Verbindung in Corona-Krisenstab offengelegt

Nach Recherchen der »taz« und der antifaschistischen Informationsplattform »Sachsen-Anhalt Rechtsaußen« reichen die Verbindungen rechtsradikaler Prepper bis in einen Corona-Krisenstab.

Wie Chatprotokolle aus einer Messengergruppe belegen, gibt es eine enge Vernetzung von rechten Burschenschaftlern und Reservisten. Oberfeldarzt Gunnar G., dessen Nähe zur Chatgruppe durch Bilder, aber auch durch die dortigen Einlassungen seiner Ehefrau Astrid G. belegt wird, ist im Stab für außergewöhnliche Ereignisse im Landratsamt des Burgenlandkreises tätig. Gunnar G. wirkt in den Chats, wie ein der Gruppe bekanntes und insgesamt zugehöriges Mitglied. Die rechtsextremen Muster sind bekannt: Der Tag X, an dem das System der BRD zusammengebrochen ist, wird herbei fantasiert. Vorbereitungen werden getroffen, Nahrungsmittel und Waffen gehortet. Auch mit Schießtrainings bereitet man sich vor. Anerkennung gibt es für die überzeugend bekundete Absicht, »Ausländer« zu töten.

»Die Rechercheergebnisse kommen keineswegs überraschend«, sagt Henriette Quade, die die Linke im Innenausschuss im Landtag Sachsen-Anhalt vertritt. »Hier werden ganz gezielt Ressourcen von Bundeswehr, Reservistenverband und Sicherheitsbehörden genutzt, um einen Bürgerkrieg vorzubereiten.« Im Gespräch mit dem »nd« benannte Quade die zahlreichen Hinweise auf rechte Netzwerke in den letzten Monaten. »Wir wissen aus dem Umgang mit dem Uniter-Netzwerk, dass diese Verbindungen bis in die Behörden reichen. Es muss hinterfragt werden, warum diese Andockstellen der extremen Rechten angeblich niemandem auffallen. Die Abwehrreflexe, auf die wir mit unserer Kritik stoßen, sind stets gleich: Das ist lange her. Das ist ein Einzelfall. Die Person ist uns nicht als rechtsextrem bekannt.«

Über die Chats ist auch die Verbindung zu AfD-Politiker Michael Schuster ersichtlich, der sich als Burschenschaftsmitglied in Uniform an der Seite von Oberfeldarzt Gunnar G. zeigt. »Im Innenausschuss saß Schuster für die AfD mit dabei, als es um Schutzmaßnahmen für Geflüchtetenunterkünfte ging. Das Problem sitzt am Tisch«, sagt Quade.

Auch die CDU ist wegen ihres Kreisverbandsmitglieds Kai Mehliß und dessen Verbindungen zum Verein Uniter in der Kritik. Mehliß war bereits Ende 2019 Thema der Berichterstattung des »nd«. Der Verein Uniter wird mittlerweile vom Verfassungsschutz beobachtet und hat den Vereinssitz mittlerweile in die Schweiz verlegt. »Reservisten dienen der Demokratie und unserem Land«, kommentiert der Bundestagsabgeordnete und Präsident des Reservistenverbandes Patrick Sensburg (CDU) auf nd-Anfrage. »Extremisten haben daher im Verband der Reservisten der Bundeswehr keinen Platz. Wer solches Gedankengut pflegt, sollte den Verband besser von sich aus verlassen.«

Eine Sprecherin des Verbandes teilte mit, als ziviler Verein sei man zunächst auf Ermittlungsergebnisse der staatlichen Behörden angewiesen. Prinzipiell dulde man keine Extremisten im Reservistenverband.

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