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Unmut über Gehälter und Zorn über »Zorn«

Der höhere Rundfunkbeitrag könnte im Herbst an der fehlenden Mehrheit im Landtag von Sachsen-Anhalt scheitern

  • Hendrik Lasch
  • Lesedauer: 3 Min.

Geredet wird, aber beschlossen wird nichts: Diesen Freitag wird im Landtag Sachsen-Anhalt über die geplante Erhöhung des Rundfunkbeitrags von 17,50 auf 18,36 Euro debattiert. Weil es aber im Regierungsbündnis aus CDU, SPD und Grünen dazu unterschiedliche Haltungen gibt, wird das Parlament keine Stellungnahme beschließen, so wie Ende vergangener Woche schon der Medienausschuss. Deutlich wird erneut nur werden: Eine Mehrheit für die Anhebung gibt es im Magdeburger Landtag derzeit nicht. Ändert sich daran bis Herbst nichts, ist der Gebührenanstieg zum Januar passé. Er erfolgt nur, wenn alle 16 Länderparlamente zustimmen.

Weil es aktuell immerhin weder eine Stellungnahme für noch gegen die Anhebung gibt, hat Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) zumindest freie Hand, wenn sich die Länderchefs am 17. Juni das nächste Mal mit dem Thema befassen. Er müsste sich, anders als noch im März, nicht als einziger enthalten, sondern könnte die Zustimmung erteilen, gegebenenfalls ergänzt um eine Protokollnotiz, wonach es im Landtag keine Mehrheit gibt. Weil Haseloff aber im Auftrag einer Koalition handle, die sich intern nicht einigen könne, sei er quasi ein »König ohne Land«, stichelt Stefan Gebhardt, Parlamentarischer Geschäftsführer und Medienexperte der Linksfraktion.

In der Magdeburger Kenia-Koalition halten die kleinen Partner SPD und Grüne die von einer Kommission vorgeschlagene Anhebung um 86 Cent für gerechtfertigt und angemessen. In der CDU aber gibt es starken Widerstand. Der Rundfunkbeitrag sei »derzeit nicht verhandelbar«, sagte Markus Kurze, der Parlamentarische Geschäftsführer der Fraktion. Er bemängelte fehlende Sparbemühungen der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten: »Die bisherigen Bemühungen gehen nicht weit genug.«

Die Koalition geriete bereits in Schwierigkeiten, wenn auch nur eine Handvoll CDU-Abgeordnete die Anhebung ablehnt; sie verfügt im Landtag nur über eine Mehrheit von vier Stimmen. Abhilfe aus der Opposition ist nach derzeitigem Stand allerdings auch nicht zu erwarten. Die AfD lehnt eine höhere Gebühr ab und spricht von »Abzocke der Rundfunkbeitragszahler«. Und auch die Fraktion der Linken, die sich in ihrem Programm zur Landtagswahl 2016 zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk als »Bestandteil der Daseinsvorsorge« bekannte, macht eine Zustimmung von Zugeständnissen und Zusicherungen der Anstalten abhängig.

Dazu gehört vor allem eine Beschränkung bei den Gehältern der Intendanten. Ein Positionspapier für den Medienausschuss nennt als einen »Richtwert« das Gehalt von Ministerpräsidenten. Bei Haseloff sind das jährlich rund 175 000 Euro; sein am höchsten bezahlter Kollege, der bayrische CSU-Regierungschef Markus Söder, erhält 211 000 Euro. Derzeit freilich verdient etwa WDR-Intendant Tom Buhrow mit jährlich 399 000 Euro sogar fast doppelt so viel wie der Bundespräsident. In einem ersten Schritt solle zumindest auf weitere Anhebungen der Gehälter verzichtet werden, heißt es in der Fraktion, wo man lobend auf eine entsprechende Praxis im MDR unter Intendantin Karola Wille verweist.

Zudem drängt die Linke auf mehr Vielfalt in den Programmen und eine »Selbstverpflichtung zu Qualität statt Quote«, sagt Gebhardt. Dass derzeit eher Letztere als Maß der Dinge gilt, wurde zum Unmut vieler Sachsen-Anhalter etwa dem Kriminalermittler Zorn zum Verhängnis. Die Ausstrahlung der gleichnamigen Serie im Ersten, die auf Büchern eines Autors aus Halle beruht und in Sachsen-Anhalt entstand, endete 2017 nach fünf Folgen, weil interne Quotenvorgaben nicht erfüllt worden sein sollen.

Die Haltung der Genossen zur Beitragsfrage ist in den eigenen Reihen umstritten; kritische Töne kamen von Benjamin-Immanuel Hoff, Chef der Thüringer Staatskanzlei. Gebhardt verweist freilich darauf, dass die Intendanten der öffentlich-rechtlichen Sender wegen deren drohender Verweigerung um die Stimmen der Linken werben; kürzlich gab es eine Videokonferenz von Fraktionsvertretern mit den Chefs von ARD, ZDF, Deutschlandradio und MDR. Es sei »gut, dass jetzt auch über unsere Positionen geredet wird«, sagt er - »und nicht nur über die der CDU«.

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