Solidarität für Kreativität

MEINE SICHT: Jérôme Lombard über das digitale Semester in der Coronakrise

  • Jérôme Lombard
  • Lesedauer: 2 Min.

Wer Homeoffice für eine super Sache hält, ist wahrscheinlich kein Student. Denn für viele der angehenden Akademiker bedeutete das digitale Sommersemester von zu Hause aus vielfach zusätzliche Arbeit und mehr bürokratischen Stress. Um die intellektuelle Anwesenheit ihrer Schäfchen in der Videokonferenz zu überprüfen, haben nicht wenige Lehrende auf Zwischentests und Inhaltsabfragen gesetzt. Das ist aus Dozentensicht nachvollziehbar, trägt aber nicht gerade zu einer freien Lehre im universitären Sinne bei. Abgesehen davon, dass es via Skype nicht einfacher ist, fehlenden Unterschriften für einen Leistungsschein hinterherzurennen.

Um es bei dem ganzen Genörgel einmal klar zu sagen: Das Digitalsemester war und ist angesichts der weltweiten Virus-Pandemie mit nach wie vor fehlendem Impfstoff richtig. Aber weder die Studierenden, noch die Universitätsleitungen haben sich diese Situation ausgesucht. Es ist deshalb genauso richtig, aus dem »Kreativsemester« ein »Solidaritätssemester« zu machen. Für niemanden darf es in dieser Ausnahmesituation an den Unis Nachteile für die Karriere oder den Stipendienplan geben.

Dass Berlin nun endlich eine gesetzliche Regelung für das »Corona-Semester« auf den Weg bringen will, gibt allen Beteiligten Sicherheit. Warum man sich in der Hauptstadt erst zum Ende der Vorlesungszeit auf eine um ein Semester verlängerte »individuelle Regelstudienzeit« einigen konnte, bleibt offen. Nun sollte der Gesetzesentwurf auch für die kommende Zeit Regelungen im Blick haben. Denn dass im Wintersemester alles wie früher wird, ist nicht abzusehen. Auch im anstehenden Semester wird es ein breites Angebot an digitalen Lehrmöglichkeiten geben müssen, auch wenn man wieder mehr Präsenz haben will. Wie viel Hörsaal, Bibliothek und Studicafé ab Oktober möglich sein wird, hängt von der Pandemieentwicklung ab. Eine zweite Welle ist nicht ausgeschlossen. Dafür sollten auch die Unis gewappnet sein.

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