Wo die Bäuerin noch die Gabel schwingt
Ministerium verärgert Landfrauen mit Illustration
Erfolgreich haben Landfrauen gegen eine Broschüre protestiert, in der das Bundesumweltministerium die Bäuerin anachronistisch und einem Rollenklischee unterworfen darstellt. Die strittige Illustration wurde entfernt.
Die Muskelpakete des bärtigen Bauern sprengen fast die Ärmel seines Shirts, geradeaus gerichtet ist sein Blick. So thront der Ackersmann auf dem Traktor, ist sich gewiss, dass die (seine?) Landfrau hinter dem Trecker fleißig die vierzinkige Forke schwingt und Heu auftürmt. Mit dieser Zeichnung hatte das Bundesumweltministerium eine Broschüre illustriert; ihr sprachlich etwas merkwürdig anmutender Titel: »Wir schafft Wunder«. Hintergrund: Es geht um »das Wir«, die Gemeinschaft, die in die Zukunft blickt, auch auf die der Landwirtschaft im Jahre 2050.
Eher ins Jahr 1884, in der das romantisierende Kinderlied »Im Märzen der Bauer die Rösslein anspannt« getextet wurde, mag man im Haus von Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) geblickt haben bei der Wahl der Traktor-Heugabel-Illustration. Inkonsequent allerdings, denn zur barfüßigen Frau mit der Forke hätte eher ein Pferdegespann gepasst.
Unpassend, ja empörend empfanden Landfrauen des Jahres 2020 die Darstellung. Es gab Protest aus ihren Reihen. »Das rückwärtsgewandte Rollenbild der Frau« sei nicht tragbar, schimpfte beispielsweise in Niedersachsen der Kreislandfrauenverband Friesland-Wilhelmshaven. Er mobilisierte die Landes- und Bundesebene seiner Gemeinschaft; es hagelte Kritik im Internet. Eine Bäuerin etwa schrieb: Vermutlich habe sich das Umweltministerium im Jahrhundert vertan. »Mit der Heugabel wurde zuletzt 1920 geerntet.« Mit moderner Landwirtschaft habe das Bild nichts zu tun. Außerdem sei das durch die Illustration vermittelte Rollenbild von Mann und Frau auf dem Land diskriminierend und einfach falsch.
Die Forderung der Landfrauen, das Ministerium möge das Bild entfernen, hatte Erfolg: Nicht nur die gerügte Illustration, sondern alle Abbildungen verschwanden aus »Wir schafft Wunder«.
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