Linke kritisiert hohen Anteil von Aufstockern in bestimmten Branchen

Beschäftigte im Einzelhandel, Gastronomie und Reinigungskräfte erhalten besonders häufig einen Niedriglohn

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Berlin. Die Linke im Bundestag kritisiert, dass in mehreren Berufen besonders viele Beschäftigte Löhne mit Hartz-IV-Leistungen aufstocken müssen. »Betroffen sind auch ausgerechnet diejenigen, die eben noch als Helden des Alltags gefeiert wurden«, sagte Linke-Arbeitsmarktexpertin Sabine Zimmermann der Deutschen Presse-Agentur etwa mit Blick auf Beschäftigte im Einzelhandel oder Reinigungskräfte und die Coronakrise. Insgesamt sei es nicht hinnehmbar, dass rund eine Million Menschen in Deutschland ihr niedriges Einkommen mit Hartz IV aufstocken müssten.

Laut einer Sonderauswertung der Bundesarbeitsagentur, die Zimmermann angefordert hat, waren unter 656.000 Reinigungskräften der unteren Qualifikationsstufe »Helfer« 10,1 Prozent Aufstocker - unter Helfern aller Berufe waren es 5 Prozent. Von 176.000 Reinigungsfachkräften bezogen demnach 7,8 Prozent ergänzend Hartz IV - verglichen mit 1,6 Prozent bei Fachkräften aller Berufe. Die Angaben beziehen sich auf sozialversicherungspflichtig Beschäftigte im Jahresschnitt 2018. Unter Reinigungskräften mit Minijob bekamen demnach 14,3 Prozent der Helfer und 16,1 Prozent der Fachkräfte ergänzende Unterstützung.

Wenn bei Erwerbstätigen der Lohn nicht für den Lebensunterhalt reicht, können sie ihn aufstocken, indem sie zusätzlich Hartz-IV-Leistungen bekommen. Die Arbeitsagentur selbst spricht nicht von »Aufstockern«, sondern von »Ergänzern« oder »erwerbstätigen erwerbsfähigen Leistungsberechtigten«.

Auffällig hohe Anteile mit zusätzlichen Hartz-IV-Zahlungen gab es laut der Auswertung etwa auch bei Helfern im Lebensmittelverkauf (13,5 Prozent) und in der Speisenzubereitung (9,9 Prozent). Im Bereich Körperpflege mussten demnach 22,7 Prozent der Helfer, aber auch 7,9 Prozent der Fachkräfte aufstocken. In Gastronomieberufen stockten 7,6 Prozent der Helfer und 6 Prozent der Fachkräfte Löhne mit Hartz IV auf.

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Zimmermann sagte, betroffen seien Menschen in allen Lebensformen, auch Alleinstehende und Paare ohne Kinder. »Gute tarifliche Bezahlung muss endlich zum Standard werden.« Nötig seien zudem etwa ein höherer Mindestlohn von 12 Euro pro Stunde und ein Rechtsanspruch auf eine Mindest-Wochenarbeitszeit, verbunden mit strikten Zeitkontrollen.

»Denn zu viele Beschäftigte werden unfreiwillig mit Teilzeitverträgen abgespeist, um sie flexibler einsetzen zu können, arbeiten aber faktisch dann doch unbezahlt länger«, kritisierte Zimmermann. Gerade in der Pandemie werde auch klar, dass Minijobs nicht existenzsichernd seien. »Sie müssen in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung umgewandelt werden.« dpa/nd

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