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Vier Szenarien für Blankenburg
Stadtentwicklungsverwaltung stellt Entwürfe für neues Quartier zur Diskussion
Bis zu 6000 Wohnungen, dazu 40 Hektar Gewerbefläche, Schulen, Kindergärten, eine neue Straßenbahnstrecke: Aus dem Blankenburger Süden, dem nördlich des Heinersdorfer Ortskerns gelegenen Gebiet, soll ein richtiger Stadtteil mit 10 000 bis 12 000 Einwohnern werden. Nachdem der Auftakt dazu im Jahr 2018 gründlich in die Hose gegangen war - die Informationsveranstaltung vor Ort ging im Tumult unter - hat die Stadtentwicklungsverwaltung vier Szenarien für das neue Quartier entwickeln lassen.
»Wir brauchen Bilder«, so die Erkenntnis, die Wohnen-Staatssekretär Sebastian Scheel (Linke) bei der Pressekonferenz am Donnerstag nicht zum ersten Mal wiedergibt. Vorgestellt wurde den Anwohnern ein Zwischenstand der damals noch nicht vollständig ausgearbeiteten sogenannten Testentwürfe bereits bei einer Veranstaltung im Februar (»nd« berichtete). Der geplanten Veranstaltung im April mit den fertiggestellten Visionen der vier Teams machte dann die Corona-Pandemie einen Strich durch die Rechnung. »Nun findet die Präsentation und Beteiligung online statt«, sagt Scheel. Bis 15. August können die Bürger auf der Berliner Beteiligungsplattform mein.berlin.de die Entwürfe einsehen, kommentieren und den beteiligten Planerteams Fragen stellen.
Doch es wird wohl noch ein Jahrzehnt dauern, bis tatsächlich die Bagger rollen werden. »Ich gehe davon aus, dass wir günstigstenfalls im nächsten Jahr die vorbereitenden Untersuchungen abschließen können«, erklärt Scheel. Weil im Herbst 2021 das Berliner Abgeordnetenhaus neu gewählt wird, könnten formale Beschlüsse möglicherweise erst erfolgen, nachdem sich die neue Regierung formiert hat, also 2022. »Wohnungsbau in größerem Maßstab ist vor 2030 nicht zu erwarten«, so Scheel.
Vorangetrieben werde das Planfeststellungsverfahren für die neue Straßenbahntrasse. Die M2 soll von Heinersdorf durch das neue Quartier bis zum S-Bahnhof Blankenburg verlängert werden. Diese Strecke bewegt die Bewohner der Erholungsanlage Blankenburg derzeit am meisten. Denn für sie dürften auch dort Parzellen beansprucht werden. Immerhin könnten gegenüber den ersten Entwürfen die Eingriffe in den Bestand reduziert werden. »Eine Machbarkeitsstudie hat ergeben, dass man die zunächst geplante Wendeschleife durch zwei stumpfe Kehrgleise vor dem Bahnhof ersetzen könnte«, berichtet Scheel. Das würde schon einige Parzellen schonen. »Außerdem betreiben wir mit einer Vorkaufsrechtsverordnung Vorsorge«, erklärt der Staatssekretär. Wenn auf der Fläche der Erholungsanlage Grundstücke verkauft werden, erwirbt der Senat sie. »Dadurch bekommen wir Ersatzgrundstücke, die wir den Betroffenen anbieten können, die ihre Parzelle für die Straßenbahnstrecke räumen müssen«, so Scheel.
Zu dem geplanten Straßenbahndepot auf einer der vorgesehenen Gewerbeflächen laufen bei der Senatsverkehrsverwaltung noch die Untersuchungen, auch wenn diese bereits hätten abgeschlossen sein sollen, wie Sebastian Scheel einräumt. »Es sind noch andere Standorte im Gespräch.«
Die Tram ist ein essenzieller Teil des gesamten Projekts, schließlich soll ein »Modal Split« von 80 zu 20 erreicht werden. Das bedeutet, dass 80 Prozent der Wege mit dem sogenannten Umweltverbund, also zu Fuß, per Fahrrad oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln, und nur 20 Prozent mit dem Auto zurückgelegt werden sollen. Parkplätze auf den Straßen und in Höfen soll es nur für die Warenanlieferung und Behinderte geben. Die Autos der Bewohner sollen in Quartiersgaragen unterkommen. Pro Wohnung sind rechnerisch nur 0,3 Stellplätze vorgesehen, Werte die derzeit eher innerstädtischen Gewohnheiten entsprechen.
Die vier Testentwürfe gehen von sehr unterschiedlichen Szenarien aus. Ein Team sollte die Gestaltung des neuen Quartiers aus der eher dörflich bebauten Umgebung entwickeln. Die vier- bis sechsstöckigen Gebäude sind da trotzdem ein Sprung. Team 2, das eine urbanere Entwicklung modellieren sollte, plant zusätzlich Hochpunkte mit bis zu acht Geschossen. Die »Stadt der Kreisläufe« von Team 3 traut sich sogar an bis zu Zwölfgeschosser heran. Das letzte Team im Bunde hatte vollkommen freie Hand und entwickelte die »Stadt für das 21. und 22. Jahrhundert«, in der sogar Hochhäuser mit 15 Stockwerken entstehen könnten.
»Keiner der Testentwürfe wird ›der eine‹ sein«, sagt Scheel. Doch eines gibt er Gegnern einer dichten Bauweise zu bedenken: »Will ich eher flach bauen, dann werde ich auf Grünflächen verzichten müssen. Baue ich verdichteter, bleibt auch mehr Raum für Freiflächen.«
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