Gegenkandidatin

personalie

  • Denis Trubetskoy
  • Lesedauer: 2 Min.

Es war ein besonderer Moment in der Geschichte des belarussischen Staatsfernsehens, als die Oppositionskandidatin Swetlana Tichanowskaja am Dienstag ihre Wahlrede vorlas. »Ich bin keine Politikerin. Das war mein Mann Sergej, der Präsident werden wollte. Dafür sitzt er nun in U-Haft«, sagte die 38-jährige Sprachlehrerin. »Zwei starke Kandidaten, Wiktor Babariko und Walerij Zepkalo, wurden aus dem Rennen genommen. Ich wurde registriert. Weil sie nur vor Männern Angst haben. Die echte Gefahr für die Machthaber sind aber nicht die Kandidaten, sondern das belarussische Volk, das anders leben will.«

Für dieses andere Leben hat Tichanowskaja einen klaren Plan: Nur sechs Monate soll ihre Amtszeit dauern. In dieser Zeit möchte sie die Grundlage für eine demokratische Präsidentschaftswahl legen. Deshalb wird Tichanowskaja nun auch von den Wahlstäben der anderen unabhängigen Kandidaten Babariko und Zepkalo unterstützt. Aus der Zusammenarbeit wurde ein starkes Frauentrio, das derzeit im gesamten Land auftritt. An der Seite Tichanowskajas stehen die Ehefrau Zepkalos und Babarikos Wahlkampfmanagerin.

Damit hat der ewige Präsident Alexander Lukaschenko kaum gerechnet. Früher war die Opposition oft zerstritten; einen gemeinsamen Kandidaten zu bestimmen schien unmöglich. Noch weniger dürfte Lukaschenko die gut koordinierte Wahlkampagne des Frauentrios erwartet haben. Schließlich hatte er nicht nur Tichanowskij, sondern fast dessen gesamtes Wahlkampfteam verhaften lassen.

Das Image der einfachen Frau, die für ihren Mann und das ganze Land kämpft, bringt Sympathien. Dabei galt Tichanowskaja noch vor wenigen Wochen als Politanfängerin. Die Wahl wird sie dennoch kaum gewinnen. Doch ein Weg zurück ist ausgeschlossen. Nach Drohungen, ihr das Sorgerecht für die beiden Kinder zu entziehen, sah sich die Präsidentschaftskandidatin gezwungen, ihre vierjährige Tochter und ihren zehnjährigen Sohn an einem geheimgehaltenen Ort in der EU unterzubringen. Denis Trubetskoy

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Das beste Mittel gegen Fake-News und rechte Propaganda: Journalismus von links!

In einer Zeit, in der soziale Medien und Konzernmedien die Informationslandschaft dominieren, rechte Hassprediger und Fake-News versuchen Parallelrealitäten zu etablieren, wird unabhängiger und kritischer Journalismus immer wichtiger.

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

Vielen Dank!

Unterstützen über:
  • PayPal