Der neue Sonnenkönig

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder im Glanz seines Corona-Managements

  • Rudolf Stumberger, München
  • Lesedauer: 3 Min.

Wenn das Thema nicht so ernst wäre, könnte man in Bayern von der Heiligen Corona als der neuen Schutzpatronin der CSU sprechen. Denn das Virus beziehungsweise der Umgang der bayerischen Staatsregierung mit der Pandemie hat die CSU wieder dahin befördert, wo sie sich von Natur aus sieht: An die Spitze. Mit 49 Prozent Zustimmung bekämen die Christsozialen derzeit laut dem Bayern-Trend des Bayerischen Rundfunks die absolute Mehrheit im Freistaat. Zur jetzigen Zeit müssen sie noch mit Hilfe der Freien Wähler regieren. Zurückzuführen ist dieser große Stimmenzuwachs auf die Politik von Ministerpräsident Markus Söder in den vergangenen Monaten. Vor der Coronakrise im Januar lag die Zustimmung für die CSU noch bei 36 Prozent.

Es ist offensichtlich, dass die Art und Weise, wie Söder in der Corona-Zeit handelte, auf große Zustimmung bei der Bevölkerung trifft. So liegt selbst bei den SPD-Anhängern - die Partei ist in Bayern immerhin in der Opposition - die Zustimmung zum Krisenmanagement der Staatsregierung bei 100 Prozent. Offensichtlich kam der väterliche Führungsstil Söders gut an, der mit strengen Ermahnungen und Maßnahmen begann und inzwischen scheibchenweise bei Wohlverhalten der Bevölkerung eine Lockerung verspricht. Es ist ein bekannter psychologischer Zusammenhang: Angstgefühle fördern das Verlangen nach Sicherheit. Und während sich die Jüngeren weniger betroffen geben, fürchten sich noch viele vor der Ansteckung mit dem Virus und verzichten auf Biergärten und Urlaubsreisen.

In solchen Zeiten profitieren die Regierenden und die Opposition hat nicht wirklich viel zu melden. So sinkt die Zustimmung für die SPD in Bayern auf einen historischen Tiefstand von sieben Prozent. Die Sozialdemokratie ist dabei, im Freistaat in die Unbedeutendheit abzudriften. Die Grünen bleiben der Umfrage zufolge bei soliden 20 Prozent, die AfD konnte sogar zulegen und steht bei sieben Prozent. FDP und Linkspartei würden mit je drei Prozent den Einzug in den Landtag verfehlen. Auch die Freien Wähler, derzeit Regierungspartei, verloren an Zustimmung und müssten nach einem Minus von drei Prozentpunkten mit jetzt fünf Prozent um den Einzug in den Landtag fürchten. Ihr Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger hatte versucht, sich in Sachen Corona-Lockerung gegen Söder zu profilieren, was nicht überall Applaus einbrachte. Auch seine ungenutzten 90 000 Wischmops, die er zu Beginn der Coronakrise einkaufte, sind noch in Erinnerung. Dazu muss man wissen, dass die Wähler der Freien Wähler eigentlich Fleisch vom Fleisch der CSU sind, die Rückkehr zum christsozialdemokratischen Wahlkreuzerl fällt da nicht so schwer.

Söder jedenfalls ist der neue Sonnenkönig von Bayern und hat dies beim Besuch von Bundeskanzlerin Angela Merkel im Schloss auf Herrenchiemsee am 14. Juli auch publikumswirksam kundgetan. Alles hat gepasst: Der blaue Himmel, die güldene Kutsche, die Mundwinkel von Söder.

Das Krisenmanagement in der Coronakrise war auch ein politisches Schaulaufen für das Merkel-Amt. Man erinnere sich, wie der spätere Bundeskanzler Helmut Schmidt 1962 die Hochwasserkatastrophe in Hamburg meisterte und lange vom Bonus zehrte. Söder ist mit seiner jetzigen Zustimmung bei der Bevölkerung ein nicht zu umschiffender Fels, wenn es um die Bestellung des Kanzlerkandidaten für die Union geht. 77 Prozent der Wähler in Bayern fänden seine Kandidatur gut. Corona hat das Thema in den Hintergrund gedrängt, aber auch als Qualifikationsparcours gedient. Söder betont freilich, sein Platz sei in Bayern. Es ist nicht unredlich, darauf hinzuweisen, dass mit der Abnahme der Corona-Angst auch die Zustimmung zur CSU wieder zurückgehen könnte, vor allem, wenn sich die befürchteten wirtschaftlichen Folgen einstellen sollten. So wird die Frage der Kanzlerkandidatur noch ein wenig vor sich hinköcheln, jedenfalls aus bayerischer Sicht.

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