Razzia beim Bankenverband

Über die Finanzlobbyisten sollen Beschuldigte Einfluss auf die Cum-Ex-Gesetze genommen haben

  • Simon Poelchau
  • Lesedauer: 2 Min.

Es passiert selten, dass ein Lobbyverband Besuch von der Polizei bekommt. Und meist geht es um Untreue in den eigenen Reihen. Doch bei Razzien am Dienstag in Büros des Bundesverbandes Deutscher Banken ging es um weitaus mehr: um mögliche Verstrickungen in den größten Steuerskandal der Nachkriegsgeschichte. »Es ist zutreffend, dass die Staatsanwaltschaft Köln im Zusammenhang mit Cum-Ex-Verfahren in unseren Büros in Berlin und Frankfurt ermittelt«, bestätigte man beim Lobbyverband entsprechende Medienberichte und versicherte gleich, dass sich die Ermittlungen nicht gegen den Bankenverband selbst richteten.

Eine Gesetzeslücke ermöglichte erst die Cum-Ex-Deals zur mehrfachen Erschleichung einer Rückerstattung auf eine einmal gezahlte Kapitalertragssteuer. Experten schätzen den entstandenen Schaden auf zwölf Milliarden Euro. Zahlreiche Banken, Prominente und Investoren waren in den Skandal verwickelt. Erst 2012 wurde die Lücke geschlossen. »Nicht nur die Cum-Ex-Steuergeschäfte waren kriminell. Es war ebenso kriminell, das Cum-Ex-Schlupfloch über ein Jahrzehnt offen zu halten und es unter dem Einfluss der Banken-Lobby zu erweitern«, sagte deshalb Fabio De Masi, stellvertretender Vorsitzender der Linksfraktion im Bundestag.

Laut Medienberichten vermuten die Fahnder, dass Beschuldigte mehrerer Verfahren über den Verband versuchten, in ihrem Sinne auf Gesetze Einfluss zu nehmen. Mit den Razzien sollten dafür Beweismittel sichergestellt werden. Schon in einem Untersuchungsausschuss des Bundestages wurde deutlich, dass der Bankenverband eine zwielichtige Rolle in dem Skandal spielte. So machte die Lobbyorganisation zwar das zuständige Bundesfinanzministerium auf die Gesetzeslücke aufmerksam und lieferte gleich eine Formulierung, die 2007 fast wortwörtlich übernommen wurde und mit der die Lücke vorgeblich geschlossen werden sollte. Doch waren die Deals weiterhin möglich, wenn eine ausländische Bank zwischengeschaltet wurde.

»Cum Ex wurde mit dieser Gesetzesänderung nicht beendet, im Gegenteil: Die kriminellen Geschäfte mit einem Milliardenschaden für die Steuerzahler nahmen drastisch zu«, so Konrad Duffy von der Bürgerbewegung Finanzwende. Zudem habe ein ehemaliger Finanzrichter, der im Finanzministerium tätig war und auf die Gesetzgebung großen Einfluss hatte, Gelder vom Bankenverband erhalten. Kommentar Seite 10

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