Zverev »rettet« die US-Open

Deutschlands bester Tennisspieler spielt im politischen Coronastreit eine gute Rolle

  • Peter Hutchinson und Tobias Schwyter, New York
  • Lesedauer: 3 Min.

Für Boris Becker war der Fall klar: Dass die US Open in ihrem wilden Corona-Chaos noch halbwegs glimpflich davongekommen sind, war auch dem deutschen Spitzenspieler Alexander Zverev zu verdanken. »Man kann fast sogar so weit gehen«, sagte die Tennisikone, »dass Zverev das Turnier gerettet hat.« Und Deutschlands Bundestrainerin Barbara Rittner pflichtete sofort bei. Zverev habe durch Geduld und Sportsgeist »einen Eklat verhindert«, meinte sie, »ich glaube, da hätte das ganze Turnier abgebrochen werden können.«

Die intransparenten und inkonsequenten Sicherheitsmaßnahmen in der vermeintlichen New Yorker Tennis-»Blase« sind ohnehin der Daueraufreger der US-Open, doch am Wochenende überschlugen sich die Ereignisse - weil auf einmal auch die Politik mitspielte. Da sollte der Franzose Adrian Mannarino vor seinem Drittrundenmatch gegen Zverev wegen neuer Quarantäne-Bestimmungen plötzlich aus dem Turnier genommen werden, der Hamburger wähnte sich schon kampflos im Achtelfinale. Dann erhielt Mannarino eine Ausnahmegenehmigung und Zverev willigte ein, mit rund dreistündiger Verspätung doch noch zu spielen - und gewann am Freitagabend in vier Sätzen. Und als wäre dies nicht schon chaotisch genug, wurde am Sonnabend das topgesetzte Frauendoppel mit der Ungarin Timea Babos und Kristina Mladenovic aus Frankreich aus dem Turnier gestrichen. Diesmal ohne Ausnahme.

Alles geht auf den positiven Coronatest des Franzosen Benoit Paire vor dem Turnierstart zurück. Zunächst war dessen Kontaktpersonen, darunter Mannarino und Mladenovic, von der Stadt New York eine strenge Quarantäne auferlegt worden - Matches und Trainings auf der Anlage waren der Gruppe von bis zu elf Profis nach Unterzeichnung eines Zusatzprotokolls aber weiterhin erlaubt. Zumindest so lange, bis am Freitag kurz vor Mannarinos Drittrundenmatch bundesstaatliche Behörden ein Veto einlegten.

Das Glück des Franzosen dürfte gewesen sein, dass er sich schon zur Vorbereitung auf dem Turniergelände befunden hatte. Nach hektischen Verhandlungen mit den Gesundheitsbehörden erwirkte der US-Tennisverband doch noch eine Spielerlaubnis für den Franzosen - und verhinderte eine komplette Farce. Auch, weil Zverev große Fairness bewies: »Ich musste ihn unterstützen und ihm die Zeit geben.« Zuvor hatte der serbische Weltranglistenerste Novak Djokovic aus gar versucht, New Yorks Gouverneur Andrew Cuomo anzurufen, um ein Gnadengesuch für Mannarino vorzubringen.

»Es ist immer schlecht, wenn sich die Politik einmischt und es Kompetenzgerangel gibt«, meinte Becker zu dem unwürdigen Schlingerkurs, der seinen vorläufigen Höhepunkt erreichte, als die Turnierfavoritinnen Babos und Mladenovic nicht mehr zum Achtelfinale im Doppel antreten durften. Nach Anordnung des Landkreises Nassau, wo das Spielerhotel steht, dürfen die Kontaktpersonen von Benoit Paire ihre Zimmer bis zum Ende der vorgeschriebenen Quarantäne am 11. September nicht mehr verlassen. Das Gesundheitsministerium des Bundesstaats New York unterstützte die Maßnahme, die »im besten Interesse der Spieler, des Personals und der allgemeinen Öffentlichkeit« sei. SID/nd

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