• Sport
  • FC Bayern München

Michael Ott: »Diese Staaten sind die Feinde des Fußballs«

Das meinungsstarke Mitglied des FC Bayern über seine scharfe Kritik an der erneut zweifelhaften Sponsorenwahl seines Vereins

  • Interview: Maik Rosner
  • Lesedauer: 4 Min.
Kritik der Münchner Fans im Februar am Sponsorendeal des Vereins mit "Visit Rwanda"
Kritik der Münchner Fans im Februar am Sponsorendeal des Vereins mit "Visit Rwanda"

Der FC Bayern ist zwei Jahre nach dem Ende des umstrittenen Sponsorings durch Qatar Airways eine Partnerschaft mit der staatlichen Fluggesellschaft Emirates aus Dubai in den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) eingegangen. Warum sehen Sie das sehr kritisch?

Es ist ja sehr ähnlich wie bei Qatar Airways. Katar und die VAE unterscheiden sich zwar in Nuancen, aber die Menschenrechtslage ist ähnlich schwierig. Gesellschaftliche Freiheiten sind eingeschränkt, eine Meinungsfreiheit ist quasi inexistent, es herrscht ein unterdrückerisches Regime. Die Lage der Gastarbeiter ist mindestens so prekär wie in Katar. Zudem wird den VAE Unterstützung von schweren Kriegsverbrechen im Sudan vorgeworfen, ähnlich wie dem Bayern-Sponsor Ruanda im Kongo. Werte, die der FC Bayern als wichtig bezeichnet, darunter Rechte sexueller Minderheiten, werden in den VAE nicht gewahrt. Aber der Verein schreibt sich diese Werte auf die Fahnen. Das ist in sich widersprüchlich. Es ist also eine Zwangsläufigkeit, dieses Sponsoring abzulehnen.

Der FC Bayern könnte argumentieren, dass Dubai als vergleichsweise liberal gilt innerhalb der VAE und in der gesamten Golfregion.

Das sollte man mal die zahlreichen politisch Inhaftierten fragen, für wie liberal sie dieses Land halten. Klar kann man dorthin als Tourist reisen, aber es ist mit Sicherheit kein liberales Land. Und ein Vergleich mit den anderen illiberalen Golfstaaten kann kein Maßstab sein, um zu bestimmen, was ein liberaler Staat ist.

Interview

Michael Ott lebt in Straßburg und berät als Rechts­anwalt französische Unternehmen zum deutschen Wirtschaftsrecht. Fan des FC Bayern wurde er 2002, seit 2007 ist er Mitglied im Verein. Der 32-Jährige über Bayerns neuen Partner Emirates, mögliche Vorteile einer anderen Strategie bei der Wahl von Sponsoren und darüber, womit er Präsident Herbert Hainer auf der Jahres­haupt­versamm­lung im Herbst kon­fron­tieren will.

Der FC Bayern verweist auf andere europäische Topklubs, die seit Jahren mit Emirates zusammenarbeiten. Was halten Sie davon?

Damit betreibt man eine Selbstverzwergung. Ich verstehe nicht, warum man sich immer an anderen orientieren will. Wir sind der FC Bayern, wir sind einer der größten Klubs der Welt. Wir könnten vorangehen und zeigen, wie man es richtig macht. Das kann auch ein Alleinstellungsmerkmal sein, mit dem man sich vermarkten kann. Stattdessen schauen wir aber immer nur auf andere große Klubs und ahmen deren Fehler nach. Nur weil andere etwas tun, ist das noch lange nicht gut. Dieses Sponsoring bleibt moralisch falsch, unabhängig davon, was andere Klubs machen.

Vereine wie der Champions-League-Sieger Paris Saint-Germain mit Katar, Manchester City mit Abu Dhabi oder Newcastle United mit Saudi-Arabien befinden sich im Besitz von Golfstaaten und verfügen deshalb über fast unbegrenzte Finanzmittel. Können Sie der Argumentation folgen, dass der FC Bayern diese Geldgeber auch braucht, um zumindest halbwegs mithalten zu können?

Man begibt sich in einen Tanz mit dem Teufel, wenn man sich von den VAE sponsern lässt, die gleichzeitig bei Manchester City das Financial Fairplay mit allen Mitteln der Kunst aushebeln, damit den Wettbewerb extrem verzerren und uns ganz unmittelbar schaden. Die kolportierten fünf Millionen Euro jährlich von Emirates an den FC Bayern sind im Vergleich zu den unbegrenzten Mitteln bei den genannten Klubs ein Tropfen auf den heißen Stein.

Jeder, der glaubt, dass wir auf diese Weise auf lange Sicht mit diesen superreichen Klubs mithalten könnten, belügt sich selbst. Deren finanzieller Vorsprung wird immer größer und ist mit Sponsorings nicht aufzuholen. Diese Staaten sind die Feinde des Fußballs. Wir dürfen uns mit ihnen nicht einlassen, weil wir sonst diese Spirale nur noch weiterdrehen. Man müsste dieses System vielmehr bekämpfen, in dem dubiose Staaten Fußballklubs für ihre geopolitischen Spielchen missbrauchen. Verblüffenderweise sind aber gerade diejenigen, die sagen, der Fußball solle unpolitisch sein, für dieses Sponsoring. Sie machen sich damit zum Erfüllungsgehilfen für die politischen Ziele dieser Staaten.

nd.Kompakt – unser täglicher Newsletter

Unser täglicher Newsletter nd.Kompakt bringt Ordnung in den Nachrichtenwahnsinn. Sie erhalten jeden Tag einen Überblick zu den spannendsten Geschichten aus der Redaktion. Hier das kostenlose Abo holen.

Sie hatten 2021 auf der Jahreshauptversammlung (JHV) eine Antrag gestellt, um Sponsorings wie mit Qatar Airways künftig zu verhindern, sind damit aber nicht durchgekommen. Erwägen Sie nun einen erneuten Versuch?

Das werde ich mir überlegen. Was ich sagen kann: Die überwiegende rechtswissenschaftliche Ansicht tendiert zu meiner Meinung, wonach ein solcher Antrag, wie ich ihn damals gestellt habe, zulässig war.

Wie blicken Sie der JHV im Herbst entgegen, auf der sich Präsident Herbert Hainer zur Wiederwahl stellen will?

Herbert Hainer ist als Präsident der Vertreter des Vereins in der Aktiengesellschaft (AG). Er sollte dafür sorgen, dass die Werte des Vereins auch in der AG gewahrt werden, und er kann im Aufsichtsrat die Besetzung der Führungsposten mitbestimmen. Nun haben wir aber nach wie vor Führungspersonal in der AG, das unbeirrbar skandalöse Sponsoringverträge schließt, die mit den Werten unseres Vereins unvereinbar sind. Herr Hainer hat diese Verträge auch immer selbst verteidigt. Für mich persönlich ist das ein entscheidender Punkt, wenn er zur Wahl steht. Dieses Thema muss auch auf der JHV besprochen werden.

- Anzeige -

Wir sind käuflich. Aber nur für unsere Leser*innen.

Die »nd.Genossenschaft« gehört ihren Leser:innen und Autor:innen. Sie sind es, die durch ihren Beitrag unseren Journalismus für alle zugänglich machen: Hinter uns steht kein Medienkonzern, kein großer Anzeigenkunde und auch kein Milliardär.

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:

→ unabhängig und kritisch berichten
→ übersehene Themen aufgreifen
→ marginalisierten Stimmen Raum geben
→ Falschinformationen etwas entgegensetzen
→ linke Debatten voranbringen

Mit »Freiwillig zahlen« machen Sie mit. Sie tragen dazu bei, dass diese Zeitung eine Zukunft hat. Damit nd.bleibt.