Die neuen Partner Israels

Die Normalisierung der Beziehungen Israels zu arabischen Staaten dient einer Stabilisierung der Region ebenso wenig wie der Sicherheit Israels, meint Werner Ruf.

  • Werner Ruf
  • Lesedauer: 3 Min.

Auf den ersten Blick kann die Normalisierung der Beziehungen zwischen Israel und den Vereinigten Arabischen Emirate (VAE), gefolgt von Bahrain, als erfreulicher Schritt zu einer sich anbahnenden Entspannung im Nahen Osten und einer zunehmenden Integration des Staates Israel in sein regionales Umfeld gesehen werden. So sehen das nicht nur der Architekt dieser Entwicklung, der amtierende US-Präsident Donald Trump und sein Schwiegersohn Yared Kushner. Dieser Eindruck scheint auch bis in Teile der Partei Die Linke zu reichen. Auch könnte der von Israel im Gegenzug erklärte Verzicht auf die Annexion der im Sechs-Tage-Krieg eroberten palästinensischen Gebiete, die einmal gemäß der international gebetsmühlenhaft beschworenen Zwei-Staaten-Lösung palästinensischer Staat werden sollten, die Tür für eine solche Lösung offen halten. Ein eklatanter Völkerrechtsbruch und die endgültige Verabschiedung von den Vereinbarungen von Oslo, die die Grundlage für die Zweistaatenlösung bildeten, bliebe so zumindest formal vermieden.

Doch mutet es seltsam an, wenn »die einzige Demokratie im Nahen Osten« gerade den Schulterschluss mit den reaktionärsten Despotien der Region sucht, wenn in den nun geschlossenen Verträgen der israelisch-palästinensische Konflikt oder die Zwei-Staaten-Lösung nicht einmal erwähnt werden. Wie stabil sind die neuen Partner? So ist Bahrain von einer schiitischen Bevölkerung bewohnt, die im »Arabischen Frühling« von ihrem sunnitischen Herrscherhaus mithilfe der VAE und der Saudis brutal unterdrückt wurde. Im Vordergrund des Interesses steht wohl die gemeinsame Feindschaft gegen Iran. Ein weiterer Grund für diesen Schritt ist wohl das Streben der beiden Ölstaaten nach hochmodernen israelischen Waffen. Dies unter anderem im Rahmen von Geschäften, die bereits seit zwei Jahrzehnte eingeleitet wurden. Einer Stabilisierung der internationalen Lage in der Region dient diese Entwicklung ebenso wenig wie der Stärkung der Sicherheit Israels, was hohe Funktionäre des israelischen Sicherheitsestablishments und prominente ehemalige Offiziere auch öffentlich erklärten. Denn: Die jede Legitimität verlierende palästinensische Führung dürfte sich Volksaufständen gegenübersehen und ihre intensive Zusammenarbeit mit der israelischen Polizei nicht mehr aufrecht erhalten können. Die bestehenden Friedensabkommen mit Ägypten und Jordanien könnten in Gefahr geraten, ja gerade letzteres , prowestliches Land könnte destabilisiert werden - immerhin sind 80 Prozent seiner Bewohner palästinensischer Herkunft.

Und was bedeutet der erklärte Verzicht auf die Annexion, der von den beiden Golf-Autokratien als Unterstützung der Palästinenser vermarktet wird? Rein gar nichts! Denn die Siedlungen auf palästinensischem Land werden zügig weiter vorangetrieben, die Enteignung palästinensischen Privatlandes wird fortgesetzt, Häuser werden zerstört. Gute und schnelle Straßen, die »nur für Juden« zugänglich sind, werden ausgebaut. Die reale Annexion durch Landnahme und Diskriminierung der Palästinenser geht systematisch weiter. Der feierliche Schulterschluss mindert nicht die Konfliktlage, er verschärft sie.

Die vor allem von der EU wie ein Mantra beschworene Zweistaatenlösung ist in unerreichbare Ferne gerückt. Die rechte Regierung Netanyahu schafft eine Einstaatlichkeit, die jeder Form einer palästinensischen Staatlichkeit mit Unterstützung der beiden Golfstaaten den endgültigen Todesstoß versetzt. Einen geeinten, säkularen und demokratischen Staat für alle Bürger hatten fortschrittliche Israelis und (israelische) Palästinenser schon seit langer Zeit gefordert. Wie sich Netanyahu und seine Rechtsregierung allerdings diesen Staat vorstellen, zeigt überdeutlich das im Juli 2018 - vorsorglich? - beschlossene Nationalstaatsgesetz, das das Verhältnis zwischen »jüdischer« und »demokratischer« Identität Israels endgültig regelt. Indem es Minderheiten diskriminiert, individuelle Rechte und Freiheiten zugunsten jüdischer Kollektivrechte abschafft. Netanyahu brachte den Sinn des Gesetzes auf die schlichte, aber treffende Formel: »Israel ist nicht der Staat aller seiner Bürger.«

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