Aufwischen müssen andere

Tarifstreit Verdi–Charité-Tochter: Gewerkschaft verhandelt mit Senat, Reinigungskräfte bleiben außen vor

  • Moritz Schmöller
  • Lesedauer: 3 Min.

Streik wirkt - das lässt sich über die Auseinandersetzungen zwischen der Landestochter Charité Facility Management und den Beschäftigten, die gemeinsam mit der Gewerkschaft Verdi den Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes fordern, mit Sicherheit sagen. Die CFM-Mitarbeiter*innen haben auch allen Grund für ihren Ausstand. »Die meisten Kolleginnen können von ihrem Lohn nicht leben und gehen abends noch saubermachen. Dadurch erhöht sich das Risiko, sich mit dem Coronavirus anzustecken, noch einmal zusätzlich«, sagt Fatma, eine langjährige Reinigungskraft, die ihren Nachnamen nicht in der Zeitung lesen möchte, zu »nd«.

Seit 14 Jahren sind die Beschäftigten der Charité Facility Management (CFM) aus dem Mutterunternehmen der Charité ausgegliedert, haben keinen Tarifvertrag und verdienen bis zu 800 Euro netto pro Monat weniger als das Stammpersonal der Charité, das nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) bezahlt wird. Obwohl im Koalitionsvertrag vom Dezember 2016 »gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit« versprochen wurde, weigerte sich der rot-rot-grüne Senat bislang, die eigenen Vorgaben umzusetzen.

Seit Jahren streitet die Verdi-Tarifkommission mit der Geschäftsführung der CFM, die kein Interesse an den Vorgaben des Senats und der Angleichung der Löhne an den Tariflohn hat. Nach dem Abbruch der ziellosen Verhandlungen durch die Gewerkschaft Mitte August, traf sich die Tarifkommission am 16. September direkt mit Senatsvertretern.

»Wir haben erklärt, dass wir einen verbindlichen Stufenplan hin zum TVöD wollen, um 2023 100 Prozent TVöD-Niveau in der CFM zu haben«, informierte Verdi anschließend seine Mitglieder. Über die »hochsensiblen Inhalte« sei allerdings Vertraulichkeit, sprich Stillschweigen vereinbart, um die in Gang kommenden Prozesse nicht zu gefährden. Die Streikwache vor dem Virchowklinikum soll bestehen bleiben. Von weiteren geplanten Streikwachen vor anderen Standorten und vor dem Roten Rathaus möchte man jedoch absehen, solange die Bemühungen konstruktiv seien. Allerdings konnten nicht alle Gewerke an den Verhandlungen teilnehmen. Ausgerechnet die beiden Tarifkommissionsmitglieder des Bereichs Reinigung, der 800 Beschäftigte fasst, blieben außen vor.

An der Gewerkschaftsbasis rumort es seitdem kräftig. Eine Reinigungskraft der Betriebsgesellschaft am Botanischen Garten schickte eine Videobotschaft an die 800 Reinigungskräfte der CFM. »Wer leise und unsichtbar ist, mit dem kann man machen, was man will«, heißt es darin.

Auch vor dem Virchow-Klinikum der Charité zeigte eine nächtliche Aktion, dass trotz der verlautbarten Erfolge weiterhin Arbeitskampfstimmung auf dem Campus herrscht. Unbekannte hissten Anfang der Woche vor dem Virchowklinikum eine Verdi-Flagge und holten die Charité-Flagge vom Mast ein. Die als Streikbrecher eingekauften Sicherheitsleute hätten nichts mitbekommen, heißt es aus Belegschaftskreisen. Ramazan Bayram von der Berliner Aktion gegen Arbeitgeberunrecht (BAGA) erklärt gegenüber »nd«: »Gerade der bis heute stattfindende Einsatz von Werkvertragsbeschäftigten als Streikbrecher ist ein Indiz, dass es sich bei dem Ausgehandelten nur um einen einseitigen Waffenstillstand handeln kann«.

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