Sportgerichtshof entscheidet über den »Dopingfall« Russland

Wenn beim CAS ab diesem Montag die Anhörungen beginnen, steht für die Sportmacht viel auf dem Spiel

  • Christoph Stukenbrock, Hamburg
  • Lesedauer: 3 Min.

Der Weltsport blickt ab Montag gespannt nach Lausanne. Denn wenn im russischen Dopingskandal vor dem Internationalen Sportgerichtshof CAS die Anhörung über die Vierjahressperre beginnt, geht es nicht nur um einen möglichen Schlussstrich unter die schier endlose Affäre. Es geht um das Olympia-Aus der Sportgroßmacht und um die Wirksamkeit des internationalen Anti-Doping-Kampfes. »Unsere Erwartung ist, dass die von der WADA ausgesprochene Sanktion bestätigt wird. Damit würde ein klares Zeichen gesetzt, dass ein solch massiver Betrug und die Missachtung der Regelwerke nicht ungestraft bleiben«, teilt die Nationale Anti Doping Agentur (NADA) mit.

Im Dezember 2019 war Russland wegen der Manipulation von Daten aus dem Moskauer Kontrolllabor für vier Jahre von der großen Sportbühne verbannt worden. Weder an Olympischen Spielen noch Weltmeisterschaften wie der Fußball-WM 2022 darf die Nation teilnehmen. Für nachweislich dopingfreie russische Sportler bliebe nur eine Teilnahme als »neutrale Athleten« - wenn der CAS den Einspruch der Sportgroßmacht gegen die Strafe der Welt-Antidoping-Agentur (WADA) ablehnt. »Eine klare und harte Entscheidung des Gerichts wäre ein wertvolles Zeichen für den globalen Antidopingkampf«, sagt auch DOSB-Präsident Alfons Hörmann.

Ein von staatlichen Stellen gestütztes Dopingsystem und organisierte Dopingvertuschung, nicht nur durch die letztlich sanktionierte Datenmanipulation; dazu der traurige Tiefpunkt bei den Skandalspielen von Sotschi 2014 mit dem nächtlichen Austausch von Dopingproben durch ein »Mauseloch« in einer Wand: Die durch mehrere Untersuchungen untermauerten Vorwürfe bestehen schon lange. Rund 1000 Sportler sollen in das Dopingsystem involviert gewesen sein, alleine 15 000 Dateien seien bei den Manipulationen gelöscht und mindestens 145 Athleten dadurch geschützt worden. »Der russische Sport hat nachweislich sämtliche Werte des Sports missachtet«, sagt Dagmar Freitag, Vorsitzende des Bundestags-Sportausschuss.

Bis kommenden Freitag ist die wegen der Corona-Pandemie mehrmals verschobene Verhandlung angesetzt; an einem geheimen Ort in Lausanne, unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Ein Urteil wird es aber erst zu einem späteren Zeitpunkt geben. »Die WADA hat im Vorfeld jeden Stein umgedreht«, sagt WADA-Präsident Witold Banka. Er sei überzeugt, seine Organisation habe mit der Sanktion die richtige Entscheidung getroffen.

Und Russland? Glaubt an seine wohl geringe Chance. »Wir haben unsere Argumente«, sagt Michael Buchanow, Generalsekretär der russischen Antidoping-Agentur. Allerdings könnte sich Russland auch verzockt haben. Hätte das Land die Strafe gleich akzeptiert, würde es nur zwei Olympische Spiele verpassen. Durch die aufschiebende Wirkung des Einspruchs und die Verlegung der Sommerspiele in Tokio wären es bei einer Verurteilung nun drei - inklusive Paris 2024.

Aber wird das Urteil auch ein Schlussstrich sein? Juristisch wird es zumindest wegweisend, auch wenn es noch den nicht sehr aussichtsreichen Gang vor das Schweizer Bundesgericht gibt. Die Frage, ob die Affäre auch einen Mentalitätswandel in Russland gebracht hat, ist eine andere - und wird nicht vor dem CAS verhandelt. SID/nd

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