- Wirtschaft und Umwelt
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Die Reichen zur Kasse bitten
Linksfraktion lotet mit Studie Möglichkeiten für eine Vermögensabgabe aus
»Die Zeit ist reif für Umverteilung«, sagte seinerzeit der damalige Verdi-Vorsitzende Frank Bsirske im ARD-Morgenmagazin. Das ist rund acht Jahre her. Seine Gewerkschaft hatte gerade zusammen mit Organisationen wie dem Paritätischen Wohlfahrtsverband das Bündnis »Umfairteilen« gegründet, mit dem sie für eine Reichensteuer warben. Ein Bestandteil davon war eine einmalige Abgabe auf hohe Vermögen, mit der die Kosten der Finanzkrise bewältigt werden sollten. Zehntausende gingen dafür auf die Straße.
Acht Jahre später gibt es noch immer keine Reichensteuer. Dafür stellt sich in Zeiten von Corona wieder die Frage: Wer zahlt für die Krise? Ganz so laut und so zahlreich wie nach der Finanzkrise sind die Stimmen, die das Geld von den Reichen holen wollen, noch nicht. Doch schon öfter fiel die Forderung nach einer Vermögensabgabe oder Ähnlichem wegen der Coronakrise. »Wir werden in den kommenden Verteilungskämpfen zusammenhalten und da abkassieren, wo der Reichtum überquillt«, kündigte etwa das im Zuge der Coronakrise gegründete Bündnis »Wer hat, der gibt« an, das bereits Mitte September zu einem bundesweiten Aktionstag aufgerufen hatte.
Auch die Linkspartei fordert eine Vermögensabgabe, auch wenn sie es weniger radikal formuliert. »Eine Vermögensabgabe für Superreiche ist möglich und dringend notwendig«, sagte Parteichef Bernd Riexinger am Mittwoch anlässlich der Veröffentlichung einer Studie zum Thema, die die Linksfraktion im Bundestag zusammen mit der parteinahen Rosa-Luxemburg-Stiftung beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Auftrag gegeben hat. Demnach könnte der Staat je nach Ausgestaltung bis zu 560 Milliarden Euro mit einer solchen Abgabe einnehmen.
Dabei favorisiert die Linksfraktion gar nicht mal das radikalste Modell. Ihr schwebt eine Abgabe für Vermögen ab zwei Millionen Euro vor. Bei Betriebsvermögen soll der Freibetrag bei fünf Millionen Euro liegen. Ab dieser Schwelle soll ein Abgabensatz von mindestens zehn Prozent gelten, der gleichmäßig steigt, bis er ab einem Vermögen über 100 Millionen Euro maximal 30 Prozent beträgt. Für den Staat würden damit Einnahmen von insgesamt 310 Milliarden Euro entstehen.
Laut der Studie würde dies die reichsten 0,7 Prozent der Gesellschaft belasten. Auch müssten sie die Summe nicht auf einen Schlag, sondern über 20 Jahre verteilt zahlen. Damit würde die Belastung überwiegend keine Substanzbesteuerung bewirken und die Belastung von Immobilien in Innenstadtlagen vermieden, die alleine aufgrund des Immobilienbooms der vergangenen Jahre Haushalte »auf dem Papier« zu Millionären gemacht hat, so die Linksfraktion. Als Vorbild für eine solche Abgabe gilt der Lastenausgleich in Westdeutschland von 1952, mit dem Entschädigungen und Hilfen für Kriegsfolgen gezahlt wurden. Auch ist die Möglichkeit einer Vermögensabgabe im Grundgesetz vorgesehen. Als juristisch notwendige Bedingung dafür wird in der Regel eine Ausnahmesituation angesehen, die einen außerordentlichen Finanzbedarf des Bundes erfordert.
Vor acht Jahren nahmen die Befürworter*innen der Abgabe eine solche Situation für die milliardenschweren Kosten der Bankenrettung an. Nun könnten es die Mittel werden, die der Bund zur Stützung der Wirtschaft während der Pandemie zur Verfügung stellt.
Zwar plädiert auch mal SPD-Kanzlerkandidat und Bundesfinanzminister Olaf Scholz in Interviews für eine höhere Besteuerung von Spitzenverdiener*innen. Doch hält er bisher an dem Plan fest, nach der Bundestagswahl schnell mit der Tilgung der wegen der Coronakrise aufgenommenen Schulden zu beginnen. Diese belaufen sich nach den Plänen von Scholz bisher auf insgesamt rund 314 Milliarden Euro.
»Damit drohen eine wirtschaftliche Vollbremsung und der Abriss des Sozialstaats«, warnt Linke-Bundestags-Fraktionsvize Fabio De Masi. Gleichzeitig hätten Milliardär*innen und Multimillionär*innen wie die Quandts und Klattens eine Corona-Party in Deutschland gefeiert. Sie hätten Hunderte Millionen Euro Dividende aus BMW-Aktien gezogen. »Es ist Zeit, dass sich die obersten ein Prozent fragen, was sie für dieses Land tun können, und nicht immer nur fragen, was dieses Land für sie tun kann«, bekräftigt De Masi die Forderung nach einer Vermögensabgabe.
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