Zum Kaffee bei Astrid Lindgren

Die Schriftstellerin Christa Kożik begeht am Neujahrstag den 80. Geburtstag

  • F.-B.Habel
  • Lesedauer: 3 Min.

Anfangs war es nur ein schmaler Band in der Reihe »Poesiealbum«. Aber als 1988 Christa Kożiks Gedichtband »Tausendzweite Nacht« erschien, erwies sich, dass die Kinderbuchautorin und DEFA-Szenaristin auch eine Lyrikerin ist, an der man nicht vorbeikommt. Sie lehnte sich an Mythen an, verwies in mehreren Texten auf große einstige Literatinnen, wie George Sand oder Else Lasker-Schüler, auch ihre Freundin Maxie Wander war nochmals gegenwärtig, und erzählte damit viel von den Verwerfungen der Gegenwart. Der Band kam in der Bundesrepublik ebenso gut an wie in der DDR, weil sich Frauen mit ihren Schwierigkeiten wiedererkannten. Wer in der Männergesellschaft ernstgenommen sein will, muss stark sein! »Wir sind dabei: spalten Atome, / ebnen Berge, besteigen Kräne. / Härter wird da die Hand, doch / zärtlich genug zu streicheln / die Kinder.« So heißt es im Gedicht »Frauenbild«.

Nicht zufällig werden Kinder erwähnt. Die Arbeit für sie war und ist Christa Kożik ein großes Anliegen. Nach einem Literaturstudium und einem weiteren an der Babelsberger Filmhochschule hat die gebürtige Schlesierin zunächst als Szenaristin gearbeitet. Ihre wichtigsten Filme schrieb sie in enger Zusammenarbeit mit zwei Regisseuren. Herrmann Zschoche inszenierte 1976 Kożiks Debüt »Philipp der Kleine« um einen heutigen Jungen mit einer Wunderflöte. Es folgte 1978 »Sieben Sommersprossen«, ein noch heute gültiger Klassiker, der ganz unmittelbar ohne komischen Schnickschnack über die aufkeimende Liebe Vierzehnjähriger im Ferienlager fabuliert. Der dritte Film der beiden ging in die Historie. In »Hälfte des Lebens« (1985) erzählte Christa Kożik von der Liebe des Dichters Hölderlin zur verheirateten Susette Gontard unter Verwendung authentischer Briefe, deren Texte ganz selbstverständlich in die Dialoge einfließen. Von einer komplizierten Liebe junger Leute, die allzu früh heirateten, erzählten Zschoche und Kożik 1989 in »Grüne Hochzeit«. Für die Szene, in der das junge Paar das Kamasutra nachstellt, stellte Kożik ihre eigenen Puppen zur Verfügung, war quasi auch Requisiteurin.

Der andere wichtige Arbeitspartner war Rolf Losansky. Er setzte in den Filmen »Ein Schneemann für Afrika« (1977), »Moritz in der Litfaßsäule« (1983) und »Friedrich und der verzauberte Einbrecher« (1997) die poetischen Ideen Christa Kożiks für das Besondere in der Gegenwart kongenial um. Nicht nur beim Zielpublikum waren diese Filme beliebt. Die Autorin wandelte sie in erfolgreiche Kinderbücher, Hörspiele und Theaterstücke um.

Nicht alle Ideen jedoch gerannen zu Filmen. »Der Engel mit dem goldenen Schnurrbart« war ein Kinderbuch, das in viele Sprachen der Welt übersetzt wurde. Als Christa Kożik 1989 zu einer Kinderbuchtagung nach Stockholm eingeladen wurde, war es fast folgerichtig, dass Astrid Lindgren sie zu sich auf eine Tasse Kaffee bat. Die schwedische »Übermutter« der Kinderliteratur war von den poetischen Einfällen Christa Kożiks sehr angetan, sah Parallelen zur eigenen Arbeit. Sie war vor der Zerstörung in der Dresdner Semper-Oper gewesen und überrascht, dass das Haus nun in der DDR wiedererrichtet worden war. Das hätte sie gern noch einmal gesehen! Christa Kożik lud sie im Namen des Kinderbuchverlages nach Dresden ein. Doch die Ereignisse im Herbst des Jahres vereitelten den Plan.

Die Autorin, die ihre Goldene Hochzeit mit dem Musikdozenten und Komponisten Christian Kożik schon lange hinter sich hat, ist erfrischend altmodisch. Ihre Manuskripte schreibt sie mit der Hand. Aber damit mischt sie mit linken Wortmeldungen noch immer mit!

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