Nachlassverwalter der Deutschland AG

Manager Kajo Neukirchen an Covid-19-Folgen gestorben

  • Hermannus Pfeiffer
  • Lesedauer: 2 Min.

Mit zweiseitigen Traueranzeigen in der »FAZ« wurden bislang nur wenige westdeutsche Manager bedacht. Seit Dienstag gehört dazu Karl-Josef (Kajo) Neukirchen, der bereits Ende Dezember mit 78 Jahren an den Folgen einer Covid-19-Erkrankung gestorben war. Zugleich stehen die Annoncen sinnbildlich für seinen Aufstieg und Niedergang: Die großen Namen, für die der Sohn eines Töpfers einst wirkte, sind längst untergegangen.

Neukirchens Karriere, die ihn auf dem zweiten Bildungsweg zu Abitur und Studium führte, ist eng mit der »Deutschland AG« verknüpft, die lange die westdeutsche Wirtschaft dominierte. Durch Kapitalbeteiligungen und personelle Verflechtungen hatten die Großbanken, allen voran die Deutsche Bank, das Sagen in der Industrie. In den 1980er Jahren übertrug das Geldhaus »ihrem Mann« erstmals die Sanierung einer zu ihrem Einflussbereich gehörenden Firma. Neukirchen sanierte als Vizevorstandschef Klöckner-Humboldt-Deutz (KHD) in Köln, einen Investitionsgüterkonzern, der Motoren, Landmaschinen und Nutzfahrzeuge herstellte.

Neukirchen verstand fortan Sanierung als Aufgabe mit dem Ziel, kurzfristig eine strategische Neuausrichtung durchzusetzen und Kosten radikal zu senken. Er folgte damit dem Denken Joseph Schumpeters (1883-1950) - der liberale Ökonom verstand Wirtschaften als »kreative Zerstörung des Vorhandenen«. Jeder Neuanfang Neukirchens ging dann auf Kosten der bisherigen Belegschaft. Der Manager galt im Umgang mit Kollegen und Mitarbeitern »als führungsbetont, ungeduldig und nicht zimperlich«. So verringerte er die KHD-Belegschaft von 23 600 (1985) auf rund 13 600 Mitarbeiter (1991). Seine Fürsprecher argumentierten, ohne derart harten Schnitt wäre das Unternehmen nicht zu retten gewesen.

Freilich war diese »Rettung« nicht von Dauer. Viel ist von KHD nicht übriggeblieben. Ähnlich erging es dem Stahlkonzern Hoesch, der bald von Krupp geschluckt wurde, und der Metallgesellschaft, einem bunten Konglomerat von ursprünglich 700 Firmen. Auch dieses sanierte Neukirchen auf seine Art und kassierte danach eine hohe Abfindung.

Finanziell unabhängig, gründete er eine Beteiligungsgesellschaft. Diese kaufte einen maroden Trafohersteller in Regensburg für knapp 100 000 Euro und verkaufte ihn später zum dreistelligen Millionenbetrag. Heute hält die Kajo-Neukirchen-Gruppe Beteiligungen an ein paar Mittelständlern und Immobilien. Unterm Strich, so die »FAZ«, verwaltete Neukirchen sein Vermögen »mit Fortune«.

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