Biathlonträume in Oberhof

Das norwegische Team dominiert den Weltcup nach Belieben, das deutsche läuft hinterher

  • Andreas Morbach, Oberhof
  • Lesedauer: 4 Min.

Bei Arnd Peiffer ging es nach seinem Beitrag zur deutschen Mixed-Staffel ganz schnell. Der Sprung aufs Siegerpodest war für den gemischten Vierer der Weltcup-Gastgeber ohnehin mal wieder passé. Das siegreiche Quartett aus Russland sowie die nachfolgenden Norweger und Franzosen waren weit enteilt - also konnte es Schlussläufer Peiffer auf der letzten Runde etwas gemächlicher angehen lassen. Sein Rückstand auf die Spitze nach der finalen Schießanlage wuchs bis ins Ziel noch mal um 16 Sekunden an. Dort angekommen, wischte sich der Sprint-Olympiasieger von Pyeongchang einmal kurz über die Nase, schnallte rasch seine Skier ab und trottete davon.

Mit einer Strafrunde beim letzten Schießen hatte der 33-Jährige die guten Leistungen der drei anderen Staffelmitglieder Vanessa Hinz, Denise Herrmann und Benedikt Doll wieder eingedampft. In der Endabrechnung standen Platz fünf - und ein genervter Peiffer. »Das Stehendschießen hat überhaupt nicht funktioniert, irgendwie war es komplett Murks«, ging der Wahl-Bajuware streng mit sich ins Gericht und seufzte unter den verschneiten Wipfeln des Thüringer Waldes: »Damit habe ich das Wochenende so beschlossen, wie ich es angefangen habe.«

Eingestiegen war der fünfmalige Weltmeister am Freitag mit Rang 47 im Sprint, den er tags darauf mit einem starken Rennen in einen zehnten Platz in der Verfolgung umwandelte. Am Schlusstag des ersten Oberhof-Weltcups, der am Mittwoch mit dem nächsten Sprint der Männer in die zweite Runde geht, zeigte Peiffers Leistungskurve dann wieder nach unten. Und dieses ständige Auf und Ab war bezeichnend für das gesamte deutsche Team - das am Sonntag im abschließenden Single-Mixed beim Sieg der Franzosen mit Janina Hettich und Erik Lesser Vierter wurde. In den vier Einzelrennen am Freitag und Sonnabend kam keiner der zwölf DSV-Starter auch nur in Sichtweite zu den Spitzenplätzen, in der Gesamtwertung des Weltcups haben die aktuell besten Deutschen Benedikt Doll (11.) und Franziska Preuß (7.) bereits einen deutlichen Rückstand.

Eine Klasse für sich sind in diesem vorolympischen Winter dagegen die Biathletinnen und Biathleten aus Norwegen: Bei den Männern liegen mit Johannes Thingnes Bö, Sturla Holm Lägreid, Johannes Dale und Bös fünf Jahre älterem Bruder Tarjei gleich vier von ihnen ganz vorne. Bei den Frauen ist es mit Marte Olsbu Röiseland und Tiril Eckhoff immerhin ein Duo.

Deutlich besser als die Konkurrenz waren die Norweger schon bei den Weltcups im Dezember gewesen, den ersten Durchgang in Oberhof machten sie nun aber zu ihren ultimativen Festspielen: Die Männer mit Ski und Gewehr ließen in Sprint und Verfolgung keinen einzigen Konkurrenten aufs Siegertreppchen. Ihre Teamkolleginnen machten beim Doppelsieg der Frohnatur Eckhoff für die Schwedin Hanna Öberg (Zweite im Sprint) und die Österreicherin Lisa Hauser (zwei Mal Dritte) zumindest ein wenig Platz. Besonders bemerkenswert in dieser geballten Dominanz ist der kometenhafte Aufstieg des 23-jährigen Lägreid. Im März 2020 kam der Skijäger aus Bärum im Südosten des Landes in Nove Mesto und Kontiolahti zu seinen ersten Einsätzen im Weltcup überhaupt. Zehn Monate später hat er als Neuling in der Skijägerelite bereits vier Rennen gewonnen.

Vor allem der extrem starke Konkurrenzkampf im norwegischen Team macht eine solch wundersame Geschichte möglich. In der Verfolgung düpierte Gewinner Lägreid zum wiederholten Male den Gesamtweltcupsieger der letzten zwei Jahre, Johannes Thingnes Bö - und erklärte anschließend: »Ich habe als Kind davon geträumt, irgendwann zur norwegischen Elite zu gehören und Rennen auf dem höchsten Niveau zu laufen. Es ist toll, Teil dieses Teams zu sein.«

Die bislang vier Dreifachsiege der Skandinavier in dieser Saison - drei davon bei den Männern - sind schon jetzt eine historische Bestmarke im Biathlon. »Sie haben in Norwegen natürlich bessere Voraussetzungen als wir. Aber sie sind fast in jedem Rennen auf dem Podium - da müssen wir uns schon fragen, was sie besser machen«, kommentierte der geschlagene Arnd Peiffer diesen sagenhaften Erfolgslauf aus Sicht des Deutschen Skiverbandes nachdenklich.

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