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ZeroCovid: Aufrufe allein reichen nicht
Simon Poelchau über die Forderung nach einem Wirtschaftslockdown
Dass die Forderung nach einem Lockdown für die Wirtschaft in Anbetracht der gegenwärtigen Kräfteverhältnisse illusorisch ist, ist seit langem klar. Ein paar Masken und ein bisschen mehr Homeoffice müssen laut dem, was vor dem Bund-Länder-Treffen am Dienstag öffentlich wurde, wohl reichen. Mehr ist zum Schutz der Menschen vor der Pandemie im deutschen Kapitalismus nicht drin. Doch wird es nicht reichen, den Menschen ihr Privatleben zu verbieten und sie gleichzeitig für die Sicherung des Profits weiterarbeiten zu lassen.
Insofern hat die ZeroCovid-Kampagne recht, wenn sie einen weitgehenden europaweiten Shutdown der Wirtschaft fordert. Dies wäre im Grunde das einzig Sinnvolle im Kampf gegen das Virus. Das Problem ist nur, dass es dafür keine reale Machtbasis gibt. So tun sich auch die Gewerkschaften mit dieser Forderung schwer. Schließlich mehren sich schon jetzt die Meldungen von Stellenabbau und Massenentlassungen. Da möchte sich keiner ausmalen, wie die Situation nach einer mehrwöchigen Betriebsschließung ist, geschweige denn, wie es mit dem Gehalt in der Zeit ist. Die Menschen haben einfach Angst um ihren Job. Deswegen gehen sie denn doch lieber zähneknirschend arbeiten und begeben sich in Ansteckungsgefahr. Deswegen müssen sich die Initiatoren der ZeroCovid-Kampagne auch die Frage stellen, wie Risiken für Beschäftigte vermieden und Härten abgefedert werden können.
Natürlich stimmt es, wenn sie sagen, dass ein solidarischer Lockdown die Antwort sein muss und das Geld dafür angesichts des – extrem konzentrierten – Reichtums vorhanden ist. Doch braucht es dafür auch eine reale Basis, die die Forderung durchsetzen kann. Online-Aufrufe, egal wie gut gemeint sie sind, reichen da leider nicht aus. Ansonsten bleibt es bei reiner Symbolpolitik.
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