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Im Stich gelassen von Europa
Cyrus Salimi-Asl über die anhaltenden Proteste in Tunesien
In Tunesien gehen die Menschen auf die Straße, weil sie keine Arbeit und nicht genug zum Essen haben. Wie schon vor zwei Jahren, und vor drei Jahren, und ... Dabei lagen alle Hoffnungen auf dem kleinen nordafrikanischen Land, nachdem vor zehn Jahren in mehreren arabischen Ländern Volksaufstände ausbrachen. Politische Freiräume öffneten sich. Aber wenn man nichts im Magen hat, macht einen das Wahlrecht auch nicht satt.
Offensichtlich wurde die ökonomische Seite der Entwicklung vernachlässigt. Oder es kamen schlicht die falschen, neoliberalen Rezepte aus der Küche des Internationalen Währungsfonds (IWF) zur Anwendung, die die Not der Bevölkerung noch vergrößert haben. Im Stich gelassen wurde Tunesien insbesondere von Europa, das ein Loblied auf die romantisch verklärte »Jasmin-Revolution« angestimmt hatte. Der Musik ließen die Europäer aber keine Taten folgen, die das tägliche Leben der Tunesier verbessert hätten. Der EU-Binnenmarkt ist für tunesische Agrarprodukte schwer zugänglich; und das tunesische Wirtschaftsmodell basiert auf Schleuderpreis-Politik: Verramscht werden Olivenöl und Urlaubsstrände. Krisensichere Arbeitsplätze entstehen so nicht.
Teller und Rand ist der neue ndPodcast zu internationaler Politik. Andreas Krämer und Rob Wessel servieren jeden Monat aktuelle politische Ereignisse aus der ganzen Welt und tischen dabei auf, was sich abseits der medialen Aufmerksamkeit abspielt. Links, kritisch, antikolonialistisch.
Die Europäer interessieren sich nur ernsthaft für Tunesien, wenn es Flüchtlinge aufhalten soll.
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