Mehrwegboxen gegen Verpackungsflut

Gesetzesnovelle der Regierung mit Ausnahmen für Gastronomie

Den Trend zum Außer-Haus-Essen gibt es schon lange, doch die Corona-Lockdowns der Gastronomie haben ihn noch beschleunigt. Damit verschärft sich das Problem des wachsenden Aufkommens von Verpackungsmüll. Zuletzt fielen hier 18,9 Millionen Tonnen im Jahr an, pro Kopf waren das fast 230 Kilo. Etwa die Hälfte landete in den Müllverbrennungsanlagen, kaum 16 Prozent wurden in Deutschland wieder zu Recyclat verarbeitet. Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) will das Problem mit einer Novelle des Verpackungsgesetzes in den Griff kriegen, die das Bundeskabinett am Mittwoch auf den Weg brachte und die vor der Sommerpause vom Parlament beschlossen werden soll. Ziel des Gesetzes sei, »dass Mehrwegboxen und Mehrwegbecher für unterwegs der neue Standard werden«, so Schulze.

Laut der Novelle haben Gastronomie und Lieferdienste bis 2023 Zeit für die Umstellung. Das Anbieten von Mehrweg-Alternativen wird zwar Pflicht, Kunden können sich aber weiterhin für Plastikbecher oder Styroporschalen entscheiden. Außerdem sind Betriebe mit weniger als 80 Quadratmetern Fläche und maximal fünf Mitarbeitern ausgenommen. Teurer soll Mehrweg nicht werden, aber es wird ein Pfand fällig. Des Weiteren wird ab 2022 die Einwegpfandpflicht auf alle Getränkedosen und PET-Flaschen ausgeweitet. Letztere müssen ab 2025 mindestens 25 Prozent Recycling-Kunststoff enthalten, ab 2030 sind es 30 Prozent.

Ganz freiwillig ist Schwarz-Rot indes nicht tätig geworden. Einerseits wird es für Deutschland immer schwieriger, sich das Plastikmüllproblem durch Exporte vom Hals zu schaffen, da bisherige Hauptabnehmer dichtmachen. Andererseits muss die Regierung neue Kunststoff- und Abfallvorgaben der EU in deutsches Recht umsetzen. So besteht dringender Handlungsbedarf, die Müllmengen zu reduzieren und zudem die Recyclingquote zu erhöhen. Der Gesetzentwurf war bereits Ende November vorgelegt worden, doch es gab Widerstände unter anderem vom Gaststättenverband Dehoga. Letztlich wurden die Pläne aufgeweicht.

Dies kritisieren auch Umweltverbände, wobei sie die verpflichtende Einführung von Mehrwegverpackungen grundsätzlich begrüßen. Der Nabu hätte sich aber auch Kaufanreize für Verbraucher durch Steuervergünstigungen umweltfreundlicher Verpackungen gewünscht. »Mehrweg sollte gesetzlich immer billiger sein als die Einwegvariante«, so der Verband. Die Deutsche Umwelthilfe fordert sogar eine Lenkungsabgabe von mindestens 20 Cent für Einweggeschirr, die gezielt zur Förderung von Mehrwegsystemen eingesetzt werden soll, und befürchtet, dass es zu rein symbolischen Mehrwegangeboten kommt.

Erleichterung hingegen beim Verband der kommunalen Unternehmen: Hinfällig sei jetzt das Geschäftsmodell der großen Fastfoodketten, Einwegverpackungen in der Umgebung von den Stadtreinigern wegräumen zulassen und so die Kosten auf die Allgemeinheit abzuwälzen.

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