Neustart für »New-Start«

Telefonat zwischen Biden und Putin: Letzter Rüstungskontrollvertrag bleibt für weitere fünf Jahre in Kraft

  • René Heilig
  • Lesedauer: 3 Min.

Vor Tagen noch schien gar nichts möglich, denn der bisherige US-Präsident Donald Trump hatte jeden Vorschlag aus Moskau zur Verlängerung des letzten zwischen den USA und Russland existierenden Rüstungsbegrenzungsvertrages rundweg abgelehnt. Dabei drängte die Zeit. Am 5. Februar 2021 wäre der auf zehn Jahre angelegte Vertrag, der die Nukleararsenale auf je 800 Trägersysteme und 1550 einsatzbereite Atomsprengköpfe begrenzt, ausgelaufen.

Doch nun ist Joe Biden Chef im Weißen Haus. Nach einem Telefonat mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin am Dienstagabend bekräftigte die Kreml-Administration, »die Verlängerung ist im Interesse unserer beiden Länder und der ganzen Welt«. Beide Seiten hätten ihre grundsätzliche Bereitschaft bekundet, das Abkommen um fünf Jahre zu verlängern. Entsprechende diplomatische Noten seien noch am Dienstag ausgetauscht worden.

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Fast zeitgleich legte Putin der russischen Duma einen Gesetzentwurf zur Verlängerung des sogenannten New-Start-Abkommens vor. Der Leiter des Auswärtigen Ausschusses der Duma, Leonid Sluzki, sicherte die Ratifizierung des Abkommens bereits für den Mittwoch zu. Und so geschah es. Die 399 Abgeordneten segneten die Verlängerung des Abrüstungsvertrages ab. Einstimmig.

Das »geschäftsmäßige und offene Gespräch« zwischen den beiden Staatsmännern vom Vortage umfasste jedoch zahlreiche weitere Themen, zumeist strittige. Beispielsweise wurde über das Atomabkommen mit Iran gesprochen, das die USA unter Trump aufgekündigt hatten, das Russland aber erhalten will. Gesprächsthema war der Ukraine-Konflikt. Biden habe dabei klargemacht, dass die USA die Souveränität der Ukraine unterstützten. Der US-Präsident habe, so hieß es in Washington weiter, die angebliche russische Einflussnahme auf die US-Wahlen sowie Medienberichte angesprochen, nach denen russische Stellen Kopfgeld auf US-Soldaten in Afghanistan ausgesetzt hätten. Gleichfalls erwähnt wurden großangelegte Hackerangriffe auf US-amerikanische Behörden und Unternehmen, die nach der Einschätzung von US-Geheimdiensten von Moskau gesteuert wurden und werden. Diese Themen hatten im US-Wahlkampf für Schlagzeilen gesorgt und die ohnehin bestehenden Spannungen zwischen beiden Regierungen verstärkt. Aus dem Weißen Haus hieß es, Biden habe bei dem Telefonat deutlich gemacht, dass die USA ihre nationalen Interessen verteidigen und entschlossen auf alle Handlungen Russlands reagieren würden, die den USA oder ihren Verbündeten schadeten.

Auch die Medien in Moskau berichteten von dem ersten Kontakt zwischen Putin und Biden. Das Telefonat habe gezeigt, wie wichtig direkte Gespräche zwischen den Präsidenten beider Staaten sind. Dass Joe Biden bei dem Telefonat mit Putin auch den Fall Alexej Nawalny angesprochen und die Freilassung des Oppositionellen gefordert hatte, kam in den meisten russischen Berichterstattungen nicht vor. Doch das ist zumindest in den staatlich gelenkten Medien üblich.

Aus Moskauer Regierungskreisen war auch zu hören, dass nun erst einmal die Gemeinsamkeiten ausgeschöpft seien. Das kann man als deutliches Zeichen werten, dass Putin nicht gewillt ist, einfach zu einst erreichten Rüstungskontrollabkommen zurückzukehren. Bidens Vorgänger Donald Trump hatte sie systematisch torpediert. So stiegen die USA aus dem INF-Vertrag über die atomare Abrüstung im Mittelstreckenbereich aus. Washington kündigte zudem »Open Skies« auf, das der Rüstungskontrolle per Überwachung aus der Luft diente.

Die Verlängerung des New-Start-Vertrages wurde von der Nato positiv bewertet, nachdem der neue US-Präsident am Dienstag auch mit Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg telefoniert hatte. Dabei bekannte er sich zu einer effektiven Zusammenarbeit mit den Bündnispartnern. Stoltenberg und Biden, so hieß es aus dem Hauptquartier in Brüssel, hätten über die Herausforderungen gesprochen, vor denen die Bündnispartner stünden: die Bekämpfung des internationalen Terrorismus, Chinas Aufstieg, der Klimawandel und die aktuelle Coronapandemie.

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