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Finanzdienstleister verkaufen wieder vermehrt dubiose Immobilien
»Unglaublich viele Vertriebsfirmen tummeln sich auf dem Markt«, berichtet die Verbraucherzentrale Berlin. Oft werden die neuen Kunden per Telefon eingefangen, und da eine solche Telefon-Akquise verboten ist, werden unlautere Angebote gerne zunächst als Umfrage getarnt.
Renner sind, wie schon in den neunziger Jahren, fast wertlose Immobilien in Ostdeutschland. Häufig liegen diese angeblich denkmalsgeschützten Bauten in Leipzig, Dresden oder Zwickau. Die weit überteuert angebotenen Eigentumswohnungen und Häuser werden als »Steuersparmodell« angepriesen. Gerne warnen die Nadelstreifentäter auch vor dem Euro: »Fliehen Sie lieber in Sachwerte«, raten sie ihren Opfern. Dabei schrecken die grauen Anbieter - Finanzdienstleister unter klingendem Namen, die jedoch selten mehr als einen schlichten Gewerbeschein als Qualifikationsnachweis vorweisen können - keineswegs vor Kunden mit kleinem und mittlerem Einkommen zurück, die sich eigentlich finanziell überhaupt keine Immobilie leisten können. Aber es sind, so berichten Verbraucherschützer, nicht nur schmuddelig-graue Makler und dubiose Finanzvertriebe mit besten Adressen, die mit Schrott-Immobilien einen schnellen Euro machen wollen, auch viele große Banken schrecken, trotz anstehender Milliarden-Klagen aus ähnlichen Altfällen, weiterhin nicht davor zurück, dubiose Immobilien per Kredit zu finanzieren.
Tipps für potenzielle Käufer bietet die »Liste der unseriösen Sachwertangebote und Geschäftsanbahnungsmethoden«. Sie kann bezogen werden von der Verbraucherzentrale Berlin, Bayreuther Straße 40, 10787 Berlin, Tel. (030) 21485-0 (per Verrechnungsscheck über 5 Euro).
Eine 13-seitige »Warnliste Grauer Kapitalmarkt« hat auch die Stiftung Warentest erstellt: Im Internet www.stiftung-warentest.de oder als Fax-Abruf: (01905) 100 10 86 14 (0,62 Euro pro Minute).
Der Preis ist immer höher als der Wert
Beim Kauf einer Immobilie ist Vorsicht angebracht. Bei vielen potenziellen Immobilienkäufern schwinden die letzten Zweifel, wenn eine renommierte Bank oder Sparkasse bereit ist, einen Kredit für den Kauf bereitzustellen. Was die meisten Käufer dabei übersehen: Das Kreditinstitut setzt nur auf die individuelle Bonität des Opfers als Sicherheit, nicht auf den Wert (oder Unwert) einer gekauften Wohnung.
Die Kreditzusage einer Bank ist daher kein Zeugnis für den tatsächlichen Marktwert einer Immobilie.
Den provisionsorientierten Verkäufern von Wohnungen und Häusern hilft die weit verbreitete Unkenntnis über Gebräuche im Immobiliengeschäft. Selbst ein normaler, durchaus seriöser Kaufvertrag bleibt Normalsterblichen unverständlich. So kommt es, dass viele Kreditnehmer einer Bank überrascht sind, wenn sie eines Tages feststellen, dass in ihrem gesamten Finanzierungsbedarf alle mögliche Gebühren versteckt sind. Das Folgende ist der Rechnung eines großen deutschen Kreditinstituts entnommen.
In diesem tatsächlichen Fall geht es um ein Darlehen in Höhe von gut 80000 Euro. Dies ist letztendlich die Summe, die der Immobilienkäufer zahlen muss, sein persönlicher Endpreis also. Darin enthalten sind jedoch die Kosten für den Kredit. Der Kaufpreis der Eigentumswohnung beträgt daher rund siebeneinhalbtausend Euro weniger, das heißt nur 72500 Euro.
Auch dies ist jedoch noch nicht der echte Marktwert der Immobilie. Im Kaufpreis stecken nämlich noch alle möglichen und unmöglichen Gebühren sowie diverse Kosten mit drin, beispielsweise für Notar und Grundbuch, für Zins- und Mietgarantie, für technische Baubetreuung und Prospektgestaltung und so weiter und so fort.
Nach Abzug dieser mehr oder weniger sinnvollen Kosten bleibt in unserem Fall ein reiner Wohnungspreis von genau 58642 Euro und 62 Cent übrig.
Aber selbst dieser Betrag gibt noch nicht den wirklichen Wert der Wohnung wieder. In ihm stecken nämlich noch die Beträge für »Werbung und Vertrieb« (= Provision für den Vermittler) mit drin. Ziehen wir auch diese noch ab, bleibt ein Immobilienpreis von kaum mehr als 50000 Euro als reale Basis übrig.
Fazit: Für eine Immobilie, die etwa 50 000 Wert ist, müssen also insgesamt 80 000 Euro bezahlt werden. Will sich der Käufer später von seiner Eigentumswohnung wieder trennen, kann er dafür nur die 50 000 Euro kassieren. Ist dieser ursprüngliche Wert sogar noch überteuert, die Eigentumswohnung also beispielsweise nur 40000 Euro am Markt wert, sind die Probleme eines Käufers vorprogrammiert.
Angesichts einer solchen Differenz zwischen dem zu zahlenden Gesamtpreis und dem viel kleineren tatsächlichen Marktwert einer Immobilie, können sich Immobilien als Geldanlage nur lohnen, wenn genau und mit spitzem Stift kalkuliert worden ist und obendrein der Immobilienmarkt zukünftig mitspielt. In keinem Fall eignen sich Immobilien als Geldanlage für Finanz-Laien.
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