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Die Lobbyistin
Julia Reuss wechselt vom Büro der Digitalministerin Dorothee Bär zum Social-Media-Giganten Facebook
Schnelle Wechsel zwischen der Politik- und Wirtschaftselite sind in Deutschland gang und gäbe. Ein aktuelles Beispiel ist Julia Reuss. Die 37-Jährige hatte zwei Jahre lang das Büro der Digitalministerin Dorothee Bär (CSU) im Berliner Kanzleramt geleitet. Ende Februar wird sie nun Berichten zufolge als Lobbyistin zum Social-Media-Giganten Facebook wechseln. Ihr offizieller Titel wird »Public-Policy-Direktorin für Zentraleuropa« lauten. In der Position soll sie den Austausch zwischen dem Tech-Konzern und politischen Entscheidungsträgern in Deutschland und anderen EU-Ländern organisieren.
Reuss fällt dabei nicht das erste Mal als Grenzgängerin zwischen Wirtschaft und Politik auf. Im Jahr 2012 wechselte die damalige Referentin von Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) zur Deutschen Bahn. Als gut bezahlte Beauftragte der Leitung vertrat sie das Staatsunternehmen in Frankreich. 2018 kehrte sie ins Bundesverkehrsministerium zurück und übernahm die Stabsstelle für urbane Mobilität. Nach nur drei Monaten auf diesem Posten wurde sie verbeamtet. Später wechselte sie ins Kanzleramt.
Über ihre dort gemachten Erfahrungen konnte die promovierte Politikwissenschaftlerin sich zumindest auch privat mit informierten Menschen austauschen: Reuss ist mit Verkehrsminister Andreas Scheuer (CDU) liiert. Der Minister ist auch für die digitale Infrastruktur in Deutschland verantwortlich.
Bei der Opposition stieß der Jobwechsel von Reuss auf Kritik. Jan Korte, Parlamentarischer Geschäftsführer der Linksfraktion, sagte: »Es gibt aus gutem Grund Anzeige- und Genehmigungspflichten auch für Beamte in der Bundesregierung. Natürlich ist es problematisch, wenn die Büroleitung der Beauftragten der Bundesregierung für Digitalisierung im Kanzleramt direkt in die Lobby-Abteilung von Facebook wechselt.« Wenn die Staatsministerin zulasse, dass besonderes Wissen aus der Arbeit der Bundesregierung in der Wirtschaft »versilbert« werde, schade sie dem Vertrauen in demokratische Institutionen, so der Abgeordnete.
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