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Mehr als schöne Worte
Sebastian Bähr fordert ein echtes »Wir« nach Hanau
Ein Jahr nach Hanau: Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier ruft zum Zusammenhalt gegen Hetze auf, Außenminister Heiko Maas attackiert die AfD. die bundesdeutsche Elite hält große Reden und klopft sich für ihre Anteilnahme auf die Schultern. Doch was ist seit dem rassistischen Terroranschlag passiert? Bezüglich der Forderungen der Opferangehörigen und Überlebenden - Erinnerung, Gerechtigkeit, Aufklärung und Konsequenzen - doch relativ wenig. Der NSU 2.0 ist nicht zerschlagen, die hessische Polizei sieht wenig Grund für Selbstkritik, Hunderte bewaffnete Nazis, mit und ohne Uniform, bereiten sich weiter auf Tag X vor. Wenn Politiker die richtigen Forderungen einfach wiederholen, aber nicht handeln, sind ihre Aussagen nichts wert. Das Wir, das sie meinen, wenn sie über Zusammenhalt sprechen, scheint nur temporär zu gelten. So lange, bis es wieder gegen die »Clans« und »Shisha-Bars« geht, um am rechten Rand zu fischen.
Die Betroffenen kennen die gesellschaftlichen Widerstände, wenn man versucht, am institutionellen Rassismus Deutschlands zu rütteln. Sie wissen, dass sie jeglichen realen Fortschritt sowie alle Erkenntnisse über den tragischen 19. Februar 2020 selber erkämpfen müssen. Und dass es nicht alleine geht. Es ist so die Pflicht aller solidarischen Menschen, sie dabei zu unterstützen. Ihnen zuzuhören, ihre Forderungen weiterzutragen und sie zu den eigenen zu machen. Sich für den hessischen Rechtsterrorismus-Opferfonds einzusetzen wie auch für die Bildungsinitiative Ferhat Unvar; für die Migrantifa wie auch für die Initiative 19. Februar Hanau. Die Entnazifizierung zu erzwingen, wo man auch lebt. Die schwierigste Aufgabe wird dennoch bleiben, dieses Wir auch im eigenen Kopf ernst zunehmen.
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