Voll verschätzt

  • Ralf Klingsieck, Paris
  • Lesedauer: 2 Min.

Eigentlich sollte das Verfahren, zu dem Vincent Bolloré am Freitag vor ein Pariser Gericht geladen war, reine Formsache sein. Doch es wurde für den 69-jährigen Konzernchef zum Desaster. Die Staatsanwaltschaft hat seit 2013 gegen ihn und seine Firma Bolloré Africa Logistics, heute größter Logistikanbieter in Afrika, ermittelt. Er soll Politiker bestochen haben, damit sein Unternehmen ohne öffentliche Ausschreibung die Konzessionen für die Häfen Lomé in Togo und Conakry in Guinea zugesprochen bekommt. Nachdem Bolloré, der auf der Liste der reichsten Franzosen mit einem auf fünf Milliarden Euro geschätzten Vermögen die Nummer 20 ist, die Korruption seit Jahren vehement abgestritten hatte, bekannte er sich am Freitag schuldig. Das gehörte zu einem Deal mit der Staatsanwaltschaft. Gegen eine Geldstrafe von 12 Millionen Euro vom Konzern und von Bolloré persönlich 375 000 Euro sollte das Verfahren eingestellt werden. Völlig überraschend hat die Richterin den Deal nur für das Unternehmen akzeptiert. Bollorés Vergehen sei so schwerwiegend, dass ein Strafprozess unerlässlich sei.

Das dürfte der Tiefpunkt seiner Karriere sein. Eigentlich wollte sich Balloré im nächsten Jahr, zum 200-jährigen Bestehen des Familienunternehmens zurückziehen und die Geschäfte ganz seinen vier Kindern überlassen. Bolloré, der mit 23 Jahren das damals auf die Produktion von Folien und technischen Papiersorten spezialisierte Familienunternehmen übernommen hatte, baute es im Laufe der Jahre zu einem Mischkonzern aus, kaufte eine Reederei und Transportfirmen auf. Zuletzt entwickelte er auch Elektroautos, die unter dem Namen Autolib‘ unter anderem in Paris gemietet werden können. Auch ein Engagement auf dem Medienmarkt durfte nicht fehlen. Er scheut sich dabei nicht, in die Berichterstattung einzugreifen. Zuletzt hatte er versucht, den Dokumentarfilm »Steuerflucht - eine französische Affäre« zu verhindern.

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