Vom GAU zum Super-GAU

Markus Drescher über die Verschiebung der Impfberatungen

Nach mehreren europäischen Ländern hat auch Deutschland am Montag das Verimpfen des Astra-Zeneca-Vakzins vorläufig ausgesetzt. Für die Impfkampagne hierzulande, die ohnehin von Beginn an - um es maximal freundlich zu formulieren - alles andere als rund lief, ist das im Prinzip ein GAU: geplatzte Pläne, eilige Terminverschiebungen, weniger Geimpfte und der absehbare nachhaltige Vertrauensverlust in den Impfstoff. Mehr als genug Anlass also, um sich schleunigst zusammenzusetzen und die Folgen des Impfstoffstopps zu beraten, das weitere Vorgehen abzustimmen und schon einmal vorsorglich die Pläne B bis - sagen wir mal - E auszutüfteln.

Zum Glück hatten Bund und Länder für Mittwochabend ohnehin einen Termin für eine Videoschalte zum Thema Impfen. Hätte man meinen können. Doch anstatt diese Gelegenheit und - wenn auch zufällige - Chance auf eine zeitnahe Reaktion zu nutzen, entschieden sich die Verantwortlichen für die schlechtmöglichste aller Optionen: die Verschiebung der Gespräche, bis sich die Europäische Arzneimittelagentur zum Thema Sicherheit des Astra-Zeneca-Impfstoffs geäußert hat.

Seit einem Jahr wird von den Bürger*innen verlangt, sich von heute auf morgen an Corona-Gegebenheiten anzupassen und die Beschlüsse von Bund und Ländern schnellstmöglich umzusetzen, was mitunter ein formidables Organisationstalent erfordert. Und dann ist das einzige, was denjenigen, auf die man sich in dieser Krise verlassen muss, einfällt, einen ohnehin angesetzten Termin abzusagen und erst einmal zu warten? Worauf um Gottes Willen? Dass durch Zauberhand schon wieder alles in Ordnung kommt? Mit dieser für viele wohl absolut nicht nachvollziehbaren Terminverschiebung haben die Verantwortlichen aus dem Impf-GAU einen Vertrauens-Super-GAU gemacht.

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